Dienstag, 6. Mai 2014

"Der Köbogen – vornehm geht die Welt zugrunde" von Dieter Jaeger

Na klar, da muss man hin. Das Gebilde konnte vor kurzem nur im Kilometer-Abstand um­fahren werden. Die Stadt war zu.
Bei der Ausfahrt ging die Schranke nicht hoch. Ein Mann kam heran: "Das hier ist nur für VIP-Personen!“ Ich: "Aber das müssen Sie doch sagen.“
Im Liftbereich nahm ich den linken und saß fest. "Das ist nur für Sehr-Wichtige-Personen!"
Ich: "Aber das müssen Sie doch sagen".
In der "Sansibar" zwei Befrackte "Hier ist zu! Das ist für Wochen ausverkauft".
Ich sage nichts mehr.
Aber dennoch hat sich Bolle ganz köstlich amüsiert
Man sollte trotzdem hingehen. Es ist aufregend: Nord Tunnel, Tiefgarage, Lift. Wir landen mitten im Bogen, genauer: im zentralen Bogen des Bogens; erstmal einen Kaffee. Sechs wunderschöne Damen mit Mandelaugen und anmutigen Bögen lächeln mich an.
Ich gehe hinunter über die kleine neue Brücke zum Hofgarten. Der ganze Wasserbogen ist wieder da; die Elberfelder Brücke wieder sichtbar. Hier standen die Zollhäuschen. Nachts wurde die Stadt abgeschlossen.
Und genau hier stand auch der Triumphbogen, durch den Napoleon 1811 in die Stadt einritt. Hinter der Brücke ging es rechts in den "Botanischen Garten". Die Bäume stehen immer noch.
Man nannte die Straße nach dem wichtigen Ort Elberfeld. Links gleich zu Beginn: das Weinrestaurant Thürnagel, unerhört vornehm, mondäner Austernsalon, glutäugige Kokotten, „chambres séparées".
Daneben die ersten Erdbeeren in Watte verpackt; Artischocken, Ananas, ein Schlemmer­paradies; permanente Kunstausstellung bei "Bismeyer"; ein Luxuslokal neben dem anderen.
1879 kommt Cornelius mitten auf die Elberfelder Brücke. Erst die Nazis schubsen ihn in den Wald; „Platz da!“ für ihre Aufmarschplätze vor dem Parkhotel.
1865 war schon aus dem Kälbermarkt der Schadowplatz entstanden mit der Büste des Meisters. Die Elberfelder Straße verband Cornelius und Schadow, die beiden Großen, die Düsseldorf weltberühmt gemacht hatten.
Noch einmal zurück zu Breuninger
Der Schadowplatz ist wieder ein richtiger eingerahmter Platz mit dem Schadowdenkmal in der Mitte. Das Portal im Köbogen war damals die Logengasse, die zur Loge und zum Friedrichsbad führte, Düsseldorfs erste Sauna von 1835.
Aber mehr noch als die Elberfelder, imposanter noch als die beiden Plätze war die vornehmste Straße von Düsseldorf: die Hofgartenstraße. Sie ist ganz verschwunden. Machen wir die Augen zu und träumen ein wenig.
Carl von Pritzelwitz, Hofmarschall beim Prinzen Friedrich auf Schloss Jägerhof, besaß das erste bombastische Haus: 20 Zimmer, Bodenheizung, Stallungen.
Später bekommt es Trinkaus, erster Bänker der Stadt, Chef der Handelskammer, Besitzer von Schloss Elbroich und damit Initiator von Reisholz und Holthausen.
Dahinter saß Haniel, der mit dem geheimen Kommerzienrat Lueg ein ganzes Viertel Oberkassel aus dem nichts heraus gestampft hat. Dahinter Graf von Groeben, Adjutant des Preußen-Königs Friedrich Wilhelm, des Pferdeapfel-Königs, dem wir den Namen der Kö verdanken.
Hier schlug das Herz der modernen Großstadt. Man tanzte, spielte Theater, sang im Chor. Unglaublich schöne Damen trugen diese langen Roben, die Taille extrem geschnürt, der Busen unter weißer Flatterbluse. Sie wussten schon immer, wie sie uns die Sinne rauben. Die Herren hatten mörderische Stehkragen, immer Hut, Weste, Gamasche, immer schwarz und weiß.
Sehen und sterben
Ich sitze genau an der Stelle, die Schadow für seine letzte Bleibe ausgesucht hatte: " Den Hofgarten sehen und sterben",  und das tat er dann auch.
Hinter seinem Haus begann die "Pempelforter Promenade", bei den Touristen die "Champs Elysées" von Düsseldorf. Und wo das Elysium ist, geht es bekanntlich direkt hinauf in den Himmel.

Zum Weiterlesen: Else Rümmler, Erinnerungen an Düsseldorf, mit Aquarellen von Caspar Scheuren, Berlin 1975

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