Napoleon schaffte 1806 den "Brezelmagistrat" ab, denn der Magnus Magister, der Große Meister, war in den 500 Jahren seiner Existenz zum Brezelmeister geworden. Sein "Magistrat" bestand aus Schöffen und Räten, auch "Gesellen" genannt. Das Schönste nach wenigen Sitzungen war immer das "Gelage" in einem Wirtshaus.
Graf Adolf von Berg würdigt ihn in seiner Erhebungsurkunde1288 mit keinem Wort. Er hat auch kein eigenes Haus, 300 Jahre lang. Die Sitzungen fanden in der Lambertuskirche statt, dann im Zollhaus (jetzt: Josefkapelle), dann im "Schwarzen Horn" in der Ratinger Straße, dann in einem Behelfshaus am Markt, dass endlich 1573 zu unserem jetzigen Rathaus wird.
Immer wieder wurde der Bürgermeister mit einem vom Fürsten ernannten "Stadtdirektor" gemaßregelt. Der Fürst mischt sich dauernd ein. Er ernennt die Schöffen, sein Schultheiß und darüber sein Amtmann kontrollieren den Meister. Auch bei den Räten mischt er mit. Jan Wellem schlägt als" geeignetes Subjekt" für den Bürgermeister seinen "Leib-Balbier" vor, seinen Frisör also. Die Barbershops von heute haben eine vornehmere Geschichte.
Die "Gesellen" des Bürgermeisters waren zum Schluss zur Vetternwirtschaft verkommen, immer wieder dieselben Familienclans
Apotheker, Wirte und Weinhändler
Auch die Bezahlung des Bürgermeisters war nicht verlockend. Zu Ostern gab es das "Osterei" (10 Taler), das Gehalt war das Doppelte eines Stadtrats. Immerhin halfen die vielen Nebeneinkünfte, wie Hebegelder, Diäten und Prüfungsgelder.
In der Franzosenzeit (ab 1806) heißt der Bürgermeister "Maire" und erhält einen Gehilfen: den Beigeordneten. Ansonsten, so die Franzosen, müsse der Magistrat "im steten Zustand der Minderjährigkeit" gehalten werden.
Die Preußen, an sich ordentlich, übernehmen 1815 die französische Ordnung bis 1845. Sie suchen lange ein "qualifiziertes Subjekt“ zu dem gerade gegenwärtig höchst lästigen Geschäft eines Bürgermeisters von Düsseldorf.
Es fehle an Männern, denn "sie sind dazu weder geeignet noch geneigt".
Hätte man sich denken können. Da half auch nicht der neue Titel "Ober-Bürgermeister". Gruner, der preußische Verwaltungs-Chef, fügte noch hinzu, dass alle Obs nur provisorisch zu sehen seien, sie verwalten das Amt nur kommissarisch.
Als die Preußen schließlich den Kandidaten im Beigeordneten Heinrich Schnabel fanden, gab es bald darauf 1818 eine fürchterliche Schlammschlacht zwischen Protestanten und Katholiken. Die "Kirche sei verloren" sagten die einen, die Messe sei eine "grässliche Abgötterei", antworteten die anderen.
Die Wahl war einmalig, weil man dem Volk zuhören wollte, also viele Wähler zugelassen waren. "Mögen die Bürger sich zufrieden dieser Wahl erinnern", hieß es. Nichts da, diese Art zu wählen wurde sofort wieder abgeschafft.
Die in der "Minderjährigkeit gehaltenen" und "provisorischen" Obs mochten das Amt nicht sonderlich. In schneller Folge, manchmal nur wenige Monate, wechselten 11 Ober-Bürgermeister: Schnabel, Degreck, Schramm, Josten, Molitor, Custodis, Klüber, Schöller, Fuchsius, Dietze, Villers.
Die Rheinische Gemeindeordnung und die Preußische Städteordnung (1845 bis 1856) brachten die Wende: hin zu mehr kommunaler Selbständigkeit, weg von staatlicher Bevormundung.
Allerdings herrschte bis 1919 das Dreiklassenwahlrecht. Nur die "Meistbeerbten" (die Grenze lag bei 300 Talern) durften wählen, das waren 4% der Bevölkerung . Diese 4% teilten sich nochmals in drei Klassen auf, wobei die erste Klasse so viel Macht besaß, wie die beiden anderen zusammen.
Eine neue Zeit: der Ober-Bürgermeister
Die großen vier (Hammers, Becker, Lindemann, Marx), dann mit Krieg, Weimar und Nazizeit (Oehler, Köttgen, Lehr, Wagenführ, Liederley, Otto, Haidn) schließlich unsere Zeit (Füllenbach, Kolb, Arnold, Gockeln, Glock, Becker, Vomfelde, Müller, Bungert, Kürten, Smeets „die einzige Frau“, Erwin, Elbers, Geisel).
Im Tumult der merkwürdigen Wahl von 1818 entstand eine Skala von Qualitäten, die ein Bewerber vorzuweisen habe (lt. Aufzeichnung von Appellations-Gerichtsrat Lenzen)
1. gesetztes Alter
2. wissenschaftliche Bildung
3. Kenntnisse in Recht und Ökonomie
4. Familienvater
5. hier begütert
6. 10 Jahre hier ansässig
7. in öffentlicher Verwaltung tätig
8. guter Haushalter im eigenen Haus
9. redlich, klug, mutig, bescheiden, sanftmütig, wohltätig
10. beliebt bei Bürgern und Liebe zu Bürgern
11. religiös, doch duldsam
Nun dann, wir werden sehen!
--------------------------------------------------------------------------------------------------------
Autor: Dieter Jaeger Redaktion: Bruno Reble © Geschichtswerkstatt Düsseldorf 2020