Mittwoch, 28. September 2011

"Straßenfest Hohe Straße" von Dieter Jaeger

Sie liegt tatsächlich höher als die anderen Straßen der Karlstadt.

Das merkt man sehr schön, wenn man das letzte Stück (jetzt schon Mittelstraße) mit dem Schlitten heruntersausen kann in die Flingerstraße. So wenigsten berichtet es uns Müller Schlösser aus seinen Kindheitserinnerungen. 

Als die „Hochstraße“ 1790 angelegt wurde hieß es „die Baulustigen gegenüber der Kaserne hätten den großen Vorteil eines genügsam vorhandenen hohen Terrains, der ihnen die Kosten des Fundierens und Aplanierens gänzlich sparte“ Die Gegend zwischen Kasernenstr und Mittelstr hinter der Wallstr hieß „zum hohen Dürpel“.

Vielleicht kam noch dazu, dass die abgetragenen Erdmassen der jetzt überflüssig gewordenen Mauer an der Wallstr ja irgendwo abgelagert werden mussten, die Kasernenstr stand schon da, also blieb hauptsächlich die Hohe Straße übrig.

Der Fiskal Registrator Leers , der ein Grundstück im 5. Quadrat, also am Anfang der Straße zur Kaserne hin gekauft hatte, beklagte sich, der Obrist Freiherr von Harold habe „höchst unanständige Störungen gemacht“, um Leers „mit Ungestüm und Drohung“ zu zwingen, seinen Hausplatz näher zur Kaserne hin zu bauen.

„Dadurch komme ich mit meinem größten Teil dem Lazarett gegenüber, wodurch meine Wahl, eine muntere Wohnung zu haben, vereitelt wäre,  indem mein ganzes Haus dem unangenehmen Anblick kranker und müßiger Soldaten den ganzen Tag ausgestellt sein würde“.

1806 wurde die Straße trotz der “unbeschreiblichen Trägheit der angestellten Arbeiter“ gepflastert. 1807 erhielt sie ihren Namen.

Fast 120 Jahre waren vergangen, seit der Kurprinz Jan Wellem „Frembden und Einländischen“, so sie denn in seiner riesigen Neustadt „sich häußlich niederlassen“ würden, 30 Jahre „Freiheit von allen Lasten“ versprochen hatte.

Es wurde nichts mit dieser bis zum Fürstenwall reichenden Neustadt.

Die kleine Karlstadt ,hundert Jahre später, wurde zum Juwel der Stadt, und die Hohe Straße in dieser Karlstadt ist ihr Herz.

Dienstag, 6. September 2011

"Hofgartenpalast Goltsteinstrasse" - von Dieter Jaeger

Das war zu erwarten: Auf „Königskindert“ (Wohntürme im Hafen)  Seniorenresidenz“ (Theresienhospital) folgt nun die Steigerung zum „Palast am Hofgarten“ in der Goltsteinstraße. Allerdings hat der Palast auch eine großartige Geschichte

 Der Bauunternehmer und Architekt Anton Schnitzler, Schüler von Vagedes (er baute die Volksschule Citadellstr, viele Häuser in der südlichen Karlstadt und in der jungen Friedrichstadt) erwarb 1832 auf der Wiese des Gerichtschreibers Francken (Überbleibsel der Bleiche an der Düssel, s. Bleichstrasse) mehrere Grundstücke, die zur späteren Goltsteinstrasse wurden.  An der Ecke Logengasse (später Viktoriastr, heute verschwunden)baute er das Friedrichbad.   (Prinz Friedrich von Peussen, Chef der Ddorfer Garnison, wohnte  seit 1820 um die Ecke im Jägerhof. Schnitzler hatte für ihn den Jägerhof mit zwei Flügeln versehen.)  Im Bad gab es einen gewaltigen Dampfkessel mit acht Bädern, darunter Schwefel- und Kohlensäurebäder. Geöffnet war es schon von morgens um sechs bis abends acht Uhr. Tout Düsseldorf traf sich hier: die Künstler der Malerschule, die Musiker: Mendelsohn, später Schumann, die Theaterleute: Immermann. Zudem der Verein „Zwecklose Gesellschaft“:  Tanz, Vorlesung, Bälle, Theater.

Gleich daneben (wo jetzt „Monte Christo“ im Schauspielhaus liegt), auch von Schnitzler gebaut, das hochherrschaftliche 20 Räume umfassende Haus des Grafen von der Groeben, Generaladjutant des Königs Friedrich Wilhelm IV, ein beliebter Salon a la Berlin.


Ein bisschen weiter dann: Kaiserstr 56 das Haus des russischen Staatsrats Wassily Joukowski, Lehrer des Zaren Alexander II.   In diesem Haus am Hofgarten hatte 20 Jahre zuvor von 1827-30 Immermann mit seiner Geliebten Elisa von Ahlefeld, angefeindet von der Düsseldorfer Gesellschaft, die ersten süßen Jahre der Liebe gekostet. Elisa war ihrem Mann, dem Hauptmann Lützow(„das ist Lützows wilde verwegene Jagd“) in den napoleonischen Befreiungskriegen aufs Feld nachgereist, dann aber in Münster dem 30jährigen Gerichtsassessor Immermann verfallen

In der Logengasse, der späteren Viktoriastr, zwei Häuser südlich des künftigen Hofgartenpalastes,  saß die Loge, schon seit 1806 hier im Glacisgelände der gerade geschleiften Stadtmauer eingerichtet. Die Loge =Laube = Hütte der Dombauhütten des Mittelalters war im 18. Jh in England (freemason= Freimaurer)und Frankreich neu gegründet worden. Sie wurde wegen ihrer Geheimnistuerei immer wieder verboten, so unter Carl Theodor. Mit den Franzosen unter Joachim Murat wieder erlaubt,  daher die „Joachimsloge“.

Die Wiese zwischen Logengasse und Bleichstrasse gehörte dem Konditor Hansen, der hier neben seiner Konditorei einen Tanzsaal betrieb. Sein Rivale, der Konditor Geissler, hatte seinen Tanzsaal etwas weiter östlich: die spätere Tonhalle. Geissler gehörte auch das Cafe auf dem Ananasberg. Witwe Hansen hatte ein Cafe im Hofgärtnerhaus. Beide, nur 200 M weit entfernt,  bekriegten sich mit lauter Kaffeehausmusik. Entnervt musste Maximilian Weyhe, der im Gärtnerhaus wohnte, eine neue Bleibe suchen.

Am 22. Mai 1930 gestand der Mörder Peter Kürten auf der „Seufzerallee“(parallel zur Goltsteinstr) in einer Art Generalbeichte seiner Frau alle Untaten.  Er wurde zwei Tage später an der Rochuskirche verhaftet.

Bei soviel hochtrabender Düsseldorfer Geschichte an diesem Ort vergessen wir nicht die allzu irdischen Ursprünge: Neben dem künftigen „Hofgartenpalast“  brüllten am Anfang Kühe und Schweine.  Es war der Viehmarkt Düsseldorfs, später zum „Kälbermarkt“ reduziert.  Heute sprechen wir hier vom Jan Wellem Platz und vom „Köbogen“.

Donnerstag, 11. August 2011

"Das Dreischeibenhaus ist leer - Ende einer Epoche" von Dieter Jaeger


Thyssen-Krupp verlässt  Düsseldorf. Essen gewinnt.  Wie kam das Ruhrgebiet nach Düsseldorf? Ein Rückblick.

Die Familie Krupp war schon seit einer der ersten Hütten, der „Gute Hoffnungs Hütte“ dabei. Die Krupps, Weinhändler aus dem Moseltal, waren im 17.Jh nach Essen gekommen und dort als Kaufleute wohlhabend geworden.

Witwe Helene Amalie Krupp schenkt 1805 ihrem Enkel Friedrich Krupp die Hütte, revidiert das Ganze aber, als sie sieht, dass Friedrich nicht mit Geld umgehen konnte. So gibt sie die Hütte ihrem Bergwerkschef Gottlob Jacobi, der sich wiederum mit seiner Verwandtschaft Franz Haniel und dessen Verwandten Heinrich Huyssen zusammentut. Alle waren ursprünglich holländische Protestanten, wie Ur Krupp selbst auch.

Die erste Hütte war ein Possenspiel gewesen.

Im Flickenteppich deutscher Fürstentümer, (hier in Sterkrade waren es das Dreiländereck: Preussen, Köln und Essen) entstanden im Streit um das Wasser des Elpbaches drei Hütten dicht nebeneinander: Antony 1758, Gute Hoffnung 1781 und Neu- Essen 1782. Gefeuert wurde noch mit Holzkohle, das Eisen kam vom Rasenerz der Emscherwiesen und den Blasebalg betrieb der Bach. Der Streit geriet zum kleinen Krieg. Die Fürstäbtissin von Essen nahm mit einer  Hausarmee den Hüttenchef Pfandhöfer von Antony gefangen, Preussen schlug zurück und verhaftete den Hüttenchef Jacobi. Das Possenspiel gewinnt die alte Dame Krupp. Sie kauft schließlich alle drei Hütten.

Friedrich Krupp war doch nicht so ohne. 1811 gründet er die Gussstahlfabrik in Essen und damit den Anfang vom Mythos Krupp. Sein Sohn Alfred erfindet 1852 die nahtlosen Eisenbahnreifen (Krupplogo: drei Ringe), dann die größten Kanonen der Welt und die Villa Hügel. Der Rest ist bekannt

Krupp hat sich ziemlich lange aus Düsseldorf herausgehalten.

August Thyssen Kaufmannsohn aus Eschweiler, hat fast alle großen Namen geschluckt, bis auf Krupp eben. Thyssen ist 20 Jahre jünger als Alfred Krupp. Er wird als erster die vertikale Struktur seiner Fabriken einrichten (alles in einer Hand: vom Bergwerk bis zur Eisenverarbeitung) er wird als erster zu großen Zusammenschlüssen drängen. Thyssen fing in Mülheim an, bei den Ursprüngen an der Ruhr also.

Franz Haniel und Mathias Stinnes sind Kohleschiffer auf der Ruhr (Mülheim), Franz Dinnendahl nebenan aus Essen liefert die ersten Dampfmaschinen, Friedrich Harkort sitzt auf Burg Wetter ebenfalls an der Ruhr

Eifel und Siegerland, zwei alte Bergbaugebiete, sind Geburtshelfer des Ruhrgebiets

Die Eifel liefert die Eisenschmiede der Poensgen in Gemünd und die Kohlemulde Eschweiler Aachen

Poensgen geht 1860 nach Ddorf, er schluckt zwar die Belgier Piedboeuf, Gobiet u.a., geht dann aber in der Phönix und in Thyssen auf

Aus Eschweiler kommen: die „Rote Erde“ von Piedboeuf,  Phönix, Hoesch und Thyssen. Sie sind am nächsten bei den Belgiern aus Lüttich und  Brüssel, die die ersten gelehrigen Schüler der Engländer waren.

Das Siegerland bringt Pfandhöfer und Jacobi: die ersten Hüttenchefs 

Die Phönix war eine belgische Gesellschaft aus Eschweiler, sie hatte die“Rote Erde“ mitgeschaffen, zieht nach Kupferdreh, dann Hörde Dortmund, schluckt bald die Poensgen. Thyssen wird Chef der Phönix.

Hoesch aus Eschweiler macht Dortmund Hörde groß, geht dann in Thyssen und Krupp auf.

Thomas Mulvany aus Irland erfindet Düsseldorf als den „Schreibtisch des Ruhrgebiets“. Trotz vieler eigener  Produktionen im Pott selbst (Gelsenkirchen, Dortmund) residiert er von Anfang an(1852) in Ddorf.

Friedrich Harkort, Maschinenbauer und Eisenbahnpionier auf Burg Wetter an der Ruhr, hatte sich den Engländer Edward Thomas aus Pempelfort geholt. Thomas arbeitete auf dem alten Jacobigut. (seit 1820). Durch Harkort erfährt Mulvany von Düsseldorf- Pempelfort.

Ddorf war die saubere Kunst- Residenzstadt mit großen Sälen (Tonhalle). Mulvany holt fast alle Verbände nach Ddorf.

Thyssen folgt dem Beispiel Mulvanys. Er legt seine Verwaltung nach Ddorf . 1926 entsteht die „Vestag“(Vereinigte Stahlwerke), zuerst auf der Roeberstr (heute Staatsanwaltschaft), dann auf der Kasernenstrasse. Schließlich das Dreischeibenhaus 1960.

Immer noch saß der große Mannesmann in Düsseldorf, weil Düsseldorf durch den ersten Röhrenexperten Poensgen zur europäischen Röhrenhauptstadt geworden war.

1970 teilen Mannesmann und Thyssen den Kuchen auf. Es gab nur noch drei Riesen: Thyssen, Mannesmann und Krupp. Das Mannesmann Desaster mit Vodafone ist jüngste Geschichte. 1997 versucht Krupp eine feindliche Übernahme von Thyssen, dann gehen beide zusammen.

Heute sieht alles danach aus, als ob die alte Dame Helene Amalie Krupp wieder einmal und letztlich die Oberhand behält.

Zum Weiterlesen:

Henning F. Düsseldorf und seine Wirtschaft 2 Bde, Düsseldorf 1981

Mittwoch, 3. August 2011

"Toulouser Allee - Klein Paris hat endlich sein französisches Viertel" von Dieter Jaeger

Jetzt kann man sie (noch etwas holprig) entlang fahren, die Hauptstraße des quartiers central, vom Wehrhahn bis zur Münsterbrücke

Hat lange gedauert, bis „Klein Paris“ eine französische Ecke bekommt Außer ein paar Schlachtfeldern im Militärviertel Derendorf und der Pariser Straße in Heerdt( angeblich fuhr hier die gestohlene Quadriga von Paris nach Hause) gab es nichts. Den Boulevard Napoleon (Heine Allee) gewiss, aber das ist lange her. Dabei waren wir fast eine französische Stadt (mit der Unterbrechung 1801-1805) von 1795 bis 1813, schließlich Hauptstadt sogar eines eher französischen als deutschen Staates „Grand Duche de Berg“.

Ab 2000 sprach man von einem Trödelmarkt im Güterbahnhof Derendorf (eine große Glashalle) als „Les Halles“, was im Düsseldorfer Slang liebevoll zu „Läsalles“ verwandelt wurde. Seit dieser Zeit wollte man hier etwas Französisches haben. Wenig später kam der Begriff „quartier central“ auf  für die neue „Dreibrückenstadt“ auf dem Terrain des ehemaligen Güterbahnhofs. Jetzt ist dort allerhand „Fronkreich“ vertreten: Ravelstr, Chagallstr, Pasteurstr, Toulousestr: seit 2003 gibt es Kooperationsabkommen mit Toulouse.  Stadtviertel heißen Ile, Flair, Quartis Les Halles, wobei neue Fronkreich Schöpfungen entstehen, die in keinem Wörterbuch zu finden sind: quartis z.B. oder flair, was eigentlich nur Hundeschnauze und deren Witterung meint

1845 fuhr durch die versumpfte Fläche zwischen Pempelfort und Düsselthal die Eisenbahn,
noch früher nahm man die Kutsche über Mönchweg(heutige Herder-Wieland) oder Düsselthaler Weg (heutige Rethel), auf einem Horrortrip zu den Trappisten im Kloster Düsselthal. Kein Tourist ließ sich das entgehen.

In ihren braunen Kutten wurden sie ohne Sarg in die feuchtkalte Erde gelegt, kein Kreuz rief ihren Namen, keine Blume durfte blühen, wo ihre Leiber vergingen. „Auf seinem Gesicht war die Leere des Gedächtnisses, die Armut des Ideenvorraths unverkennbar.“,  “Diese finstersten aller Klostermauern“, „Ein Strohsack, ein Totenkopf, ein Grabscheit, eine Hacke“,  so die Reisebeschreibungen berühmter Geister wie Georg Forster, der Weltumsegler(1791), Karl August Varnhagen von Ense, der Schriftsteller(1794), oder Aloys Wilhelm Schreiber, der Literaturprofessor und Vorgänger des Karl Baedeker (1795).

1845 wurde endlich die seit den 30iger Jahren umkämpfte Idee einer Bahnverbindung Rhein- Weser mit der „Cölln Mindener Gesellschaft“ begonnen. Als die beiden Bögen des Kopfbahnhofs vom Graf Adolf Platz 1863 verbunden werden(am Wehrhahn mündete die Verbindungsbahn) wurde es hier intensiv. Als die „Rheinische Bahn“( seit 1841 linksrheinisch tätig) ihren Wehrhahnbhf 1876 an die Rethelstr setzt, ist hier der Teufel los. Sie ging übrigens gleich hinter der Buschermühle wieder zurück zur Strecke am Bergfuß(heute die kerzengerade Franziskusstraße).

1876 wird die erste Brücke gebaut (Wehrhahn), der Düsselthaler Weg geht noch mit Schlagbaum über die Gleise, hier wird dann 1889 die Franklinbrücke und der neue Bahnhof Derendorf entstehen.

Seit 1885 Verstaatlichung der drei Bahnen (Bergisch Märkische, Cölln Mindener , Rheinische) und Umbau der Stadt mit HBf und den beiden Bahnhöfen  Süd(Bilk) und Nord(Derendorf) mit gewaltigem Rangierbahnhof.

Die Toulouser Allee oder „Entlastungsstraße“ (die Gegner schimpfen „Stadtautobahn“) liegt umrahmt von 8m hohen Schallwänden. Statt der alten „Ablaufberge“ der Güterzüge jetzt sanft ansteigende grüne Hänge.

Statt der „Galgengasse“ zum Schillerplatz jetzt „Bar Olio“ und „Cafe Halles“

Aber die Nutten von der Rethelstraße sind geblieben, wie die Urnutten von der Straße Saint Denis neben Les Halles in Paris.

Dienstag, 26. Juli 2011

" Skandal in der Andreasstrasse- nun ist alles wieder gut" - von Dieter Jaeger

Die Kurze Strasse war schon immer kurz und arm. Die Kötter (Kätner), die nur eine Kate hatten, wohnten hier. Aus Kötter wird „Kurze“. Bis vor kurzem gingen die Düsseldorfer ungern hierhin. Es roch zu sehr nach Döner und Mini Pizza, nach Touris, nach Provinz eben. Das änderte sich schlagartig seit ca. drei Jahren. Jetzt ist es die „Megameile“ des Szenevolks. Die hot spots sind hier, wo die events abgehen. Die beautiful people tanzen im „Baby Love“ (jetzt Lülü), „Quhstall“ oder „Anaconda“.

Vor kurzem wollte man den Boom ausweiten auf die ruhige Andreasstrasse. Die vornehmen Tanten wohnen hier (Tante Anna, Tante Laura, Benders Marie) und der ruhigste Vertreter von allen: der Leichenbestatter Salm. Gegenüber sitzt die Kirche: es ist die ruhigste und frömmste Strasse der Altstadt.

Skandal! Ausgerechnet die Wildesten der Wilden: die US-Firma „Coyote Ugly“ zog in die frömmste Straße, in den leeren Csikos ein. Man munkelte von spärlich bekleideten Westerngirls, die auf dem Tresen tanzen.

Auf den lauten Protest hin hatte der Betreiber den Traditionsnamen Csikos beibehalten. Es hieß nun „Csikos Ugly“, aber im Hintergrund, aufgemalt an der Wand, heulte schon ein Coyote.

Es half alles nichts. Die Sittenwächter hatten jede Nacht Spione ausgesandt, um die erste nackte Frau zu sichten. Der Amerikaner warf das Handtuch.

Eine Zeit lang konnte man dort sittlich einwandfrei indisch essen. Jetzt ist wieder Friede eingekehrt. Der Csikos ist zurück.

Dienstag, 12. Juli 2011

"Fischmarkt am Altstadtufer, die Maifische kehren zurück" - von Dieter Jaeger

Nicht nur der Fischmarkt ist zurückgekehrt, auch die Maifische kommen wieder.

Die Backfische sind back, die Lolitas der Fische, die man, weil zu jung, über Back zurückwarf oder in die Hammer Kappesfelder eindüngte. Zu jung, aber zart zum Backen (wie andere Wortforscher meinen): ein Leckerbissen zum Bierchen in Düsseldorf seit über 100 Jahren. Die Heringsart, die im Mai zum Laichen den Rhein hinauf schwamm, wurde hier in großen Mengen gefangen. Dabei gab es viel Beifang: junges Gemüse: die Backfische. Maifischmärkte und Backfischessen waren die große Sause im Düsseldorf des ausgehenden 19. Jh.

Das Wegbaggern der Sandbänke, die modernen Schaufelraddampfer, der durch Industrie verseuchte Fluss ließen die Maifische aussterben. Jetzt kehren sie zurück: ein EU Projekt für die nächsten 4 Jahre, gesponsert mit 500 000 EUR. Der Düsseldorfer Biologe Peter Beek vom Aquazoo betreut das Projekt

Das Fischerdorf an der Düssel kehrt zu den Anfängen zurück. Die Fischereirechte, anfangs in Händen der Obrigkeit, wurden später auch an die Bürgerschaft verkauft. Oft waren sie mit großen Höfen verbunden (Aderhof in Hamm z.B.) Die Hammer machten sich bald einen Namen als Raubfischer, weil sie auch ins kurkölnische linke Ufer vordrangen. Sie behaupteten einfach, der Rhein gehöre bis drei Schritt vom Ufer zu Düsseldorf. An den alten Häusern in Hamm sieht man heute noch oft den Fisch als Hauszeichen. Auch die berühmteste Fischerdynastie Maassen fischte im Hammer Bereich.

Der Lachs (holländisch Salm) war der Brotfisch der Fischer, später wurde es der robustere Aal. Salmwippe und Aalschocker, die Fangschiffe, gehörten zum Düsseldorfer Stadtbild.

Vor dem Zolltor gab es zwei Fischhallen. Im 19. Jh übernimmt der Maifischmarkt dann den „Rheinort“, die „Rheinstraße“ und die „Bergerstraße“. Die Häuser hießen z.B „Drei Häringe“, „Zum goldenen Salm“ oder „Zum Stockfisch“.

Der bekannteste Maifischer war Karl Maassen. Sein Haus Bergerstr 3(1899 erbaut)war und ist das schönste Fischhaus der Stadt. Die Dynastie Maassen währte 200 Jahre. Um 1900 beschäftigte er 30 Fischer und 40 Leute im Handel und Verkauf. Hier bekam man russischen Kaviar und englische Austern. Zur Kochkunstausstellung 1896 in der Tonhalle(heute Karstadt) bugsierte Maassen riesige Wasserbottiche mit lebenden Salmen. Es gab Goldmedaillen weltweit.

Karl, der sechste Maasen, muss wohl zu viel französisches „savoir vivre“ von seinem Ururgroßvater geerbt haben. Jener erste Maassen kam 1820 mit einer hübschen Jaqueline aus Paris nach Düsseldorf und verprasste sein Vermögen. Der letzte Maassen musste alles verkaufen. Sogar seinen Namen am Stammhaus hat man getilgt. Schade, denn für uns bleibt es immer das „Fischhaus Maassen“.
 

Zum Weiterlesen:
Führungshefte des Schiffahrtsmuseums, Alltagsleben am Rhein, Düsseldorf o. Jahr

Dienstag, 5. Juli 2011

Soiree in der Geschichtswerkstatt 14. Juli 2011

Jazz in Düsseldorf hat Tradition! Nicht erst seitdem die Jazzrallye jährlich viele Besucher anzieht, sondern es begeisterten hier Jazzlegenden hier mit ihren Konzerten.
So wird Tobias Wuttke am 14. Juli über "berühmte internationale Jazzmusiker und ihre Konzerte in Düsseldorf" referieren. Im Mittelpunkt seines Vortrages stehen u.a. Lionel Hamptons Auftritt im Apollo, Chet Baker in der Uni-Mensa oder George Lewis' Konzert im Robert Schumann Saal. Sein Vortrag wird er mit Musikbeispieln untermalen.
Der Eintritt ist wie immer kostenlos, eine kleien Spende für den Referenten aber erwünscht.

Wir freuen uns auf ihren Besuch,
Ihre Geschichtswerkstatt Düsseldorf

Montag, 4. Juli 2011

!Whisky oder Killepitsch die neue Plockbrücke über die Völklingerstr." - von Dieter Jaeger

Schnitzler, der  Uerige Baas, will eine Whiskyfabrik im Medienhafen quasi dem Killepitsch gegenüber. Er braucht Platz an der Holzstraße und will im Tausch sein Grundstück abgeben, das der neuen Plockbrücke noch fehlt.

Das Nadelöhr Plockstraße, d.h. der Zugang zum Hafen durch heiliges Hamm Land, war von Anfang an eins der Hauptprobleme des Hafens gewesen. Karl Plock, der erste Mann des Hafens (er war der Architekt), bekam als letzter seine Straße, aber die Probleme waren nicht gelöst.

Im eleganten Bogen werden nun (2011) Plock- und Völklingerstrasse verbunden.

Die Völklingerstrasse hat eine interessante Geschichte Es gibt sie erst seit Gründung des Südfriedhofs 1904, dann mit breiter Platanenallee 1927 seit der Anbindung an die Südbrücke.

Jan Wellem hatte seine „Neustadt“ bis zum heutigen Stadttor(Hafen) geplant. Der gekrümmte „Lahnweg“ mit den einfachen Reihenhäusern gibt bis heute genau die südlichste Bastionsspitze wieder. An der Hauptstrasse, der Neusserstasse, lag seit 1709 die erste Synagoge. Daraus wird 1773 das Hubertusstift,  1800 das erste Krankenhaus (all dies: Neusserstr 25, heute noch zu sehen). Gegenüber plante Jan Wellem sein neues Schloss, es reichte nur für die große Cavalleriekaserne der Husaren von 1820 (heute Polizeipräsidium).

Wo der Knick in der Neusserstr ist (Tellstr), verließ man Jan Wellems Neustadt, entweder links zur Loretokapelle (heute Bilker Dom) oder rechts über die „Dorfstrasse“ nach Hamm („Brückenstr“ seit der Hammer Eisenbahnbrücke 1870). Auf dem Weg nach Hamm baute JW die Schneidemühle (wo heute die Killepitschfabrik steht), ein Sägewerk, später einsame Verbrecherbude und  Viehstall der Jesuiten, die für die Loretokapelle verantwortlich waren. Sie saßen im Jesuitenhof (heute Kneipe „Frida“ gegenüber Bilker Dom). Sie besaßen den großen Mühlenweiher der Düssel mit Forellenzucht (heute Weiherstrasse). Ihnen gehörte auch die jetzt noch bestehende Jan Wellem Kapelle an der Fährstraße( 1668 zum Gedenken an JW Geburt gestiftet). Von hier aus ging man in 7 „Fußfällen“ zur Lambertuskirche (3km: genau die Strecke, die Jesus vom Herodespalast bis Golgatha ging). Zwei der sieben Stationen gibt es heute noch am Kapellweg(neben dem Hochsicherheitsknast). Der Kapellweg verlief bis zur Brückenstr, dann Neusserstr- Berger Allee-Altstdt.

Auf dem Weg nach Hamm kam beim heutigen UCI Kino eine kleine Insel ( Carl Theodorinsel),  dahinter die große Lauswardinsel. Erst hinter dem Inselgewirr konnten die Treidelschiffer vom linken Heerdtufer auf die rechtsrheinische Hammseite rüber.  Die beiden Inseln werden 1836 verkauft.  Freiherr von Diergard aus Haus Roland (Grafenberg) eröffnet 1860 auf der Lausward in englischer Mode eine Pferderennbahn.

Zurück zur Neusserstr: Die Rückseite: Hubertusgasse, heute Moselstr, grenzte direkt an den Rhein. Der Hafen von 1896 ist also mit den ersten drei Becken(Fernsehturm im ersten Becken) direkt in den Rhein hinein gebaut worden, der hier enorm breit war. Buhnen und Wellenbrecher in der gefährlichen Kurve besänftigten die rasante Strömung. An der Ecke Hubertusstr(später Gewerkschaftshaus) gab es eine sittsame „Zellenbadeanstalt“, in der Damen, zugeknöpft bis oben, unbeobachtet, ihre nackten Füße baden konnten. Zwischen Moselstr. und Brückenstr. lag „die wahre Höhle des Jammers“: die Irrenanstalt von 1826, die vom Hubertusstift Neusserstr. 25 hierhin verlegt wurde. Daraus wird sehr viel später das Studiengebäude der VHS und heute das Stadttor.

Die Eisenbahn von 1870 zur Hammer Brücke verlief auf der Haroldstr. bis zum Rhein, dann ein Knick und kerzengerade auf die Brücke zu. Sie schafft neben der alten „Brückenstr“ eine neue „Uferstrasse“, heute Stromstr.  Die „Kampfsche Windmühle“ lag Ecke Fürstenwall/ Neusserstr. Aus ihr entstehen mehrere Dampfmühlen und  eine Reihe von Industrien, am größten die Kammgarnspinnerei Bockmöhl in der Lippestr. hinter der heutigen „Curry“ Kneipe, mit 120 weiblichen Beschäftigten. Um sie wurde in der „Sööße Eck“, Ritterstr, heiß gekämpft.

Die „VÖLKLINGER“ Straße startete zunächst als Hafenzufahrt (Völklingen: berühmter Erzbinnenhafen), dann wird sie 1904 Friedhofstr  und schließlich  1927 als enorm verbreiterte Platanenallee südlicher „Zubringer“ zur Autobahn. Mehrer Straßen verschwanden: Emscherstr. (heute teilweise: Siegstr.), Holterweg am Kohlweg(zwei Höfe stehen noch quer in der Flur), am Haselbusch: jetzt Hochsicherheitstrakt (ein verlassenes Geisterhaus steht noch).

Die Völklingerstr.(Nord) entstand auf der Trasse des „Bilker Damms“, eines damals berühmten Deiches

.Alle Rheinschutzdeiche liegen im Süden, denn von hier kam die Gefahr. Der Stoffeler Damm schloss nahtlos an den Aderdeich an (beide sind noch da). Die Doppelstraße Volmerswerther- und Fleherstr. zog sich auf einer Hügelkette hin (Tetelberg, Schwarze Berge, Gantenberg), bot also  einen natürlichen Schutz. Das ungeschützte  gefährdete Gebiet lag zwischen jetzigem Mr Wash und Stadttor. Also schuf man hier 1850 den Bilker Damm.

Die heutige Völklingerstr (Nord) ist der alte Bilker Damm

Als der Rheinufertunnel gebaut wurde, floß der Verkehr der B1, also der Rheinuferstr,  auf Stelzen am Landtag vorbei zur Völklingerstr. Wir gingen zur Lieblingskneipe „Nana“ (heute „Curry“, Stromstr) unter den Stelzen über wüstes Land, Unkrautwiesen, hässlicher  nur noch durch  das Mannesmann Parkhaus an der Moselstr. Die Sprengung der Stelzenstrasse 1986 war eine kleine Sensation.

Als alles zu Ende war, als der alte Hafen starb, wurde noch einmal richtig auf die Pauke gehaun.

Im verlotterten Ziegelbau des alten Zollhofs gab es sexy Modeschauen, im Aquarium von Maassen zitterten die Fische. Am schönsten war es in der Ruine der Kammgarnspinnerei in der Lippestrasse. Ein französischer Zirkus „Die sieben Sinne „ lud ein.  Wir schlürften Sekt aus wunderschönen Bauchnabeln, wir lauschten Posaunen und Trompeten, wir gingen ins Dunkel und wieder ins Licht, und wir tauchten blind unsere Hände in dunkle Fensterhöhlen, erschauernd, weil wir nicht wussten, waren es kalte Frösche oder weibliche Brustspitzen, die wir berührten. Spätrömische Dekadenz.
 

Zum Weiterlesen:
Stadtwerke Düsseldorf, Düsseldorf und seine Häfen, Verlag Müller 1996

Dienstag, 28. Juni 2011

"Der Köbogen" - von Dieter Jaeger


Der „Köbogen“ war die vornehmste Adresse Düsseldorfs.

In diesen Tagen wird der Grundstein gelegt für die Libeskind-Bauten am Köbogen

Ein Blick zurück:

Im 19. Jh. kristallisierten sich allmählich gute und schlechte Wohnviertel heraus

Als vornehm galt es, in der relativ jungen Karlstadt zu wohnen (besonders Kasernenstraße zwischen Benrather- und Bastionstraße), dann in der neuen Friedrichstadt (Elisabeth - Friedrichstrasse), noch vornehmer um den Jägerhof herum, wo die preußischen Hoheiten Prinz Friedrich, dann Fürst Carl Anton von Hohenzollern residierten (sie waren eine Art neuer Jan Wellem). Die meisten Maler wohnten hier. Aber am vornehmsten galt, wer in der Hofgartenstraße wohnte: also in der Straße, die 1945 völlig verschwand und die demnächst „Köbogen“ heißen wird.

 Die Straße ging von der Königsallee bis zum Hofgärtnerhaus (heute Theatermuseum). Sie hatte zur Hofseite hin Gartenanlagen mit der Freimaurerloge im Hintergrund und der ersten Düsseldorfer Wellnesanlage, dem „Friedrichsbad“, weiter nördlich begann die „Pempelforter Promenade“, d. h. der „Alte Hofgarten“ von 1769 mit dem „Runden Weiher“(Jröne Jong).

Zur Vorderseite gab es  den „Neuen Hofgarten“ von 1804 mit dem Mühlenweiher „Landskrone“.

Die Straße war also von zwei Parkanlagen und zwei Seen umrahmt. Schöner ging  es nicht.

In dieser Straße wohnten: der Hofmarschall des Prinzen Friedrich: Carl von Pritzelwitz, der sein Haus an den Bankier Christian Gottfried Trinkaus verkaufte, der Malerfürst Wilhelm von Schadow, der hier auch starb, der Fabrikant Franz Haniel, der mit seinem genialen Ingenieur Heinrich Lueg ganz Oberkassel aus dem Boden stampfte, Friedrich Wilhelm Brewer, der Bergwerkbesitzer, der auch das Gut der Jacobis gekauft hatte und damit die Lotterie der darob empörten Maler auslöste, die mit dem Lotteriegewinn den Jacobibesitz zurückkauften und so den Malkasten schufen.
 
Verfolgen wir noch einige Biographien genauer:

Trinkaus war als Sohn eines Haushofmeisters Ende des 18.Jh durch Heirat an das Erbe der damals wichtigsten Kaufleute Jaeger/ Pfeifer gekommen. Er schuf damit die erste wichtige Düsseldorfer Bank. Er war Vizepräsident der Handelskammer, die die Dampfschiffahrt und die erste Eisenbahn  ermöglichte. Als Besitzer von Schloss Elbroich gründete die Familie mit den eingeheirateten Heyes später im angrenzenden Gelände die „Industriegesellschaft Reisholz“ IDR und damit den größten Düsseldorfer Industriekomplex.

Der Kohlenhändler Haniel aus Ruhrort und sein Ingenieur Lueg haben nicht nur das Ruhrgebiet mit den ersten Tiefschächten revolutioniert. Die Haniel-Lueg Dynastie hat auch Düsseldorf entscheidend geprägt. Ihre  Lokomotivfabrik Hohenzollern entwickelte den Standort Grafenberg bis in unsere Tage. Die erste Brücke (Oberkasseler Brücke) geht auf sie zurück und damit der ganze Stadtteil Oberkassel. Sie haben die beiden großen Ausstellungen von 1880 und 1902 organisiert und damit die Stadtteile Zoo und Golzheim geschaffen.

Alle diese Leute wohnten in der Hofgartenstrasse.

Sie wird nur noch ein Fußweg im Hofgarten sein. Schade, die alte Hofgartenstrasse ist für immer dahin.
 

Zum Weiterlesen.
Else Rümmler, Erinnerungen von Düsseldorf und der Umgebung (Album von Caspar Scheuren), Berlin 1975.

Mittwoch, 22. Juni 2011

KÖ WEST ein neues Luxusviertel entsteht - von Dieter Jaeger

Die Bankseite galt lange als das Stiefkind der Kö. Autopuff nach dem Krieg, Autopark heute, nur zum Geldholen brauchbar.

Das soll jetzt anders werden:

Der Anfang wird am schon immer hochpreisigen Nordende gemacht. Vom Corneliusplatz bis zur Trinkausstraße entsteht ein der Ostseite ebenbürtiger, breiter Boulevard ohne schräg parkende Autos. Vom Breidenbacher Hof bis zur Trinkaus Galerie reihen sich dann höchstwertige Luxushäuser. So z.B Kultlabel Abercrombie &Fitch, das es nur noch in London, Paris und Mailand gibt.

Gegenüber liegen Tommy Hilfiger, Escada, Vuitton, Bulgari, Gucci, also die creme de la creme.

Am Südende der Kö liegen Benetton, Esprit, HM, Auktionshaus, also eher so genannte „Frequenzbringer“.

Die Kö war schon immer merkwürdig: Wir gehen den Berg hinunter vom Graf Adolf Platz zum Corneliusplatz, aber der seitliche Kögraben fließt den Berg hinauf von Cornelius nach Graf Adolf.

Und jetzt  machen wir mal eine Geld Tour: Vom nicht so teuren Graf Adolf zum teuersten Cornelius. Wir bewegen uns also von Süd nach Nord in immer höhere Kreise.

Das war einst genau umgekehrt.

Am Südende der Kö lag seit 1838 der Bahnhof, der mehr und mehr den Mittelpunkt der Stadt nach Süden verschob (Königliche Post, Telegraphenamt, Theater, Hotels, Amüsement, Friedrichstadt).

Am Nordende der Kö, deren Westseite brutal „Kanalstraße“ hieß, lag seit 1836 die Eisengießerei Franz Schimmelbusch. Also statt Hilfiger, Bulgari, Eickhoff eine laute, stinkende Eisengießerei.

Dieser Schimmelbusch wird allerdings erster Präsident der 1831 gegründeten Handelskammer. 1838 organisiert er in der Flingerstr. 20 (heute Photo Söhn) eine der ersten Düsseldorfer Ausstellungen (Zitat :„inländisches Stroh zu Damenhüten jeder ausländischen Qualität in Parallele steht“).

Er wird die Belgier ab 1852 nach Oberbilk bringen, ihre Bewerbungen übersetzen und gilt somit als der Urvater der Düsseldorfer Eisen und Röhrenindustrie.
 

Was das Ausgehen betrifft, hatte die Bankseite allerdings schon immer die Nase vorn. Hier liegen „Sams West“ und „NT“,  und wer „Bei Tino“ über dem Piano abhängt, a la Michelle Pfeiffer in „Die fabelhaften Bakerboys“, der ist ganz oben angelangt und kann mit Udo Jürgens im Duett singen.


Zum Weiterlesen:
Herbert Engst, Düsseldorf-die Ausstellungsstadt, Düsseldorf 1949

Sonntag, 19. Juni 2011

Veranstaltungshinweis

Wulf Metzmacher, Mitglied der Geschichtswerkstatt und passionierter Stadtkenner und -erklärer, bietet im Juli die Fortsetzung seiner erfolgreichen Exkursion "Das Ruhrgebiet - neu gesehen" an. Bereits am 26. März fuhr Wulf Metzmacher mit Interessierten durch das Ruhr-revier und zeigte unterschiedliche Stadtlandschaften, industrielle "Leuchttürme" und Ankerpunkte. Bei der Tour am 2.Juli geht es schwerpunktmäßig um den Bergbau, doch auch andere Aspekte werden nicht vernachlässigt. Interessierte können sich bis zum 27. Juni bei der VHS Düsseldorf für diesen Termin anmelden.

Dienstag, 14. Juni 2011

"Vom Bollwerk zum Boulevard - Urmauer ausgebuddelt" von Dieter Jaeger

Vom Bollwerk zum Boulevard - Urmauer ausgebuddelt
 

Bei Kanalarbeiten in der Ursulinengasse wurde neulich die erste Stadtmauer von 1288 entdeckt. Um 1400 abgerissen und zugeschüttet, hat sie seitdem kein Mensch gesehen.

Eine kleine Sensation, man hatte sie schon für eine Mär gehalten. Nein, keine Hammei, keine Hecke, kein Wall, unsere Stadt besaß von Anfang an eine Mauer aus Basalt und Ziegel, 80 cm breit, vielleicht 5m hoch, in den „Eder“, eine kleine Rheinbucht nördlich der Ritterstraße, hineingebaut. Es roch faulig in der Baugrube.

2007 zerbröselte die zweite Mauer von 1394, die im Zuge der Gasse „Ratinger Mauer“ gefunden wurde, zu Staub. Bei U-Bahn Bauten unter dem Breidenbacher Hof (2006-09) war man umsichtiger. Die Reste, die schon zum Festungsbau gehören, sind im Untergeschoß des Hotels zu besichtigen.

Bei den Arbeiten zum Köbogen wurden 2009/10 /11 Teile der Mauer von 1734 entdeckt(man kennt das genaue Datum wegen eines berühmten Bildes aus diesem Jahr).

Vorbei die Zeiten, als wir am Rathausufer in den Keller des alten Internet Cafes „Garden“ kletterten, um die Mauer von 1394 zu berühren. Es war eine elende Rumpelkammer, nur Düsseldorf Freaks bekannt. Demnächst werden wir alle drei Mauern im Heine U-Bahnhof besichtigen können. Original werden allerdings nur der „Garden“ Keller und das Untergeschoss vom Breidenbacher Hof bleiben.


Die Reste  bei der „Ratinger Mauer“ und jetzt Mauerreste beim Köbogen?

Wie das? War die Stadtmauer 150 m breit? Genau so ist es. Allerdings war es nicht eine einzige Mauer von dieser Dicke, sondern eine Vielzahl von hintereinander geschachtelten Bauwerken und Gräben: das Mauersystem einer Festung. 

Mit der Erfindung der Artillerie um 1450 wird aus dem „Rüstmeister“ der „geniale“ „Ingenieur“, der die runde Stadtmauer zur eckigen Festungsmauer umwandelt.

Düsseldorf hatte 12 „Bastionen“, auf denen die Kanonen standen. Vor jeder Bastion stand, durch einen nassen Graben getrennt, die  „Contergarde“. Die Mauer zwischen zwei Bastionen: die „Kurtine“ war durch einen vorgelagerten  „Ravelin“ geschützt, vor dem wiederum eine „Contergarde“ stand.

Die jetzt gefundenen „Bollwerke“, aus denen die Franzosen den „Boulevard“ Napoleon machen (Heine Allee), liegen im Zuge der Elberfelderstraße. Sie führte genau zur Mitte der Kurtine, also zum Flinger Stadttor (Mc Donalds, Ecke Bolkerstr/Heine Allee). Ein Tor musste immer in der Mitte einer Kurtine liegen.

Der interessanteste Fund weist steinerne Rundbögen auf: Es war die Brücke, die durch den nassen Graben vom Flinger Ravelin zur Flinger Contergarde führte. 

Die Düsseldorfer nahmen das ganze Mauergedöns und Kriegsgetöse mit rheinischer Gelassenheit. Trotz strenger Verbote entstanden immer wieder Gärten und Gartenhäuschen auf dem Mauervorfeld.

Als die Mauer 1801 fiel, schuf der Oberbürgermeister Schnabel auf den Trümmern einen geräumigen „Lustgarten“ mit „Lustpartien“ und „Lusthäusern“. Später nannte man den Ort „Königsallee“.
 

Zum Weiterlesen:
Edmund Spohr, Düsseldorf, Stadt und Festung, Düsseldorf 1978.


Dienstag, 7. Juni 2011

"Die KIRMES eine Räubergeschichte" von Dieter Jaeger

Jedes Jahr im Juli, genauer in der dritten Juliwoche, noch genauer am 23 .Juli feiert Düsseldorf „Die größte Kirmes am Rhein“.

Eigentlich müsste sie „Apollinaris-Kirmes“ heißen. Der Heilige Apollinaris ist der Stadtpatron von Düsseldorf und am 23. Juli feiert die Stadt seinen Namenstag.

Wer war dieser Apollinaris? Ein schöner apollogleicher Mann griechischer Herkunft, Jünger des Petrus, der schließlich als Bischof von Ravenna im 2. Jh einer der ersten christlichen Märtyer wird. Reinald von Dassel, Erzbischof von Köln, bringt 1164 als Siegesbeute von einem Italienfeldzug die Reliquien der Heiligen drei Könige aus Mailand und die des Apollinaris aus Ravenna nach Köln. Bei Remagen weigert sich das Schiff, weiterzufahren, bis die Gebeine des Apollinaris den Benedektinermönchen der Stadt Remagen überlassen werden.



Wilhelm I., erster Herzog von Jülich Berg, mit Hauptsitz Düsseldorf, raubt die Reliquie den Benedektinermönchen 1380 bei einer Fehde gegen Siegburg und bringt sie in die Lambertuskirche. Wilhelm macht Düsseldorf zu einem wichtigen Pilgerort.  Papst Bonifaz IX sprach die Reliquie des Apollinaris den Düsseldorfern zu und 1394 wird Apollinaris zum Stadtpatron und feierlich  seit dieser Zeit alljährlich durch die Altstadtstrassen getragen

Ein Jahr vor dem Raub hatte der Ritter Gerhard von Einenberg auf Burg Landskron bei Ahrweiler das Haupt des Heiligen Apollinaris sichergestellt (im Apollinarisschrein in der Lambertuskirche fehlt also der Kopf) Eine Apollinarisstatue stand deshalb in Ahrweiler an einem Weinberg. 1852 merkt der Winzer dieses Weinberges, dass der Ahrwein zu sauer, das Mineralwasser des Berges dagegen excellent ist. „Apollinaris, the queen of tablewaters“ war geboren.

Seit 1394 tragen die Sebastianus- Schützen den Heiligen durch die Stadt.  Die Schützen feiern ihren obersten Beschützer: den Heiligen Apollinaris. Dieser älteste kirchlich städtische Verein, 1435 erwähnt, aber vielleicht schon seit 1316 bestehend, entstand aus einer christlichen Bruderschaft, die aber auch zur Stadtverteidigung beitrug in militärischen Übungen des Bogenschießens (daher ihr Heiliger: der durch Pfeile getötete Märtyrer Sebastian). Der weltliche Herrscher sah das gern. Jan Wellem war zweimal Schützenkönig, Jakobe von Baden stiftete ein wertvolles Schützensilber. Wer dreimal Schützenkönig war, brauchte sein Leben lang keine Steuern mehr zu zahlen



Kirmes kommt von Kirchmesse, Kirchweihe, sie feiert die Einweihung der Kirche und natürlich den Heiligen, dem die Kirche geweiht ist, also Apollinaris.

Die Kirmes ist das höchste Fest einer Stadt, denn sie feiert denjenigen, dessen Schutz und Heil sie sich anvertraut hat.

Wir feiern jedes Jahr im Juli einen Apoll von einem Mann, das berühmteste Mineralwasser der Welt, die größte Kirmes am Rhein, vielleicht eines der größten Volksfeste überhaupt, im Grunde  aber feiern wir auch eine Räubergeschichte.



Zum Weiterlesen: G. Aders, Von den Anfängen des Düsseldorfer Schützenwesens, in Heimatblätter Jan Wellem 1959, Nr 9, 10, 11

Dienstag, 31. Mai 2011

"Der Köbogen" von Dieter Jaeger

Der „Köbogen“ war die vornehmste Adresse Düsseldorfs
In diesen Tagen wird der Grundstein gelegt für die Libeskind-Bauten am Köbogen

Ein Blick zurück:

Im 19. Jh. kristallisierten sich allmählich gute und schlechte Wohnviertel heraus.

Als vornehm galt es, in der relativ jungen Karlstadt zu wohnen (besonders Kasernenstraße zwischen Benrather- und Bastionstraße), dann in der neuen Friedrichstadt (Elisabeth - Friedrichstrasse), noch vornehmer um den Jägerhof herum, wo die preußischen Hoheiten Prinz Friedrich, dann Fürst Carl Anton von Hohenzollern residierten (sie waren eine Art neuer Jan Wellem). Die meisten Maler wohnten hier. Aber am vornehmsten galt, wer in der Hofgartenstraße wohnte: also in der Straße, die 1945 völlig verschwand und die demnächst „Köbogen“ heißen wird.

Die Straße ging von der Königsallee bis zum Hofgärtnerhaus (heute Theatermuseum). Sie hatte zur Hofseite hin Gartenanlagen mit der Freimaurerloge im Hintergrund und der ersten Düsseldorfer Wellnesanlage, dem „Friedrichsbad“, weiter nördlich begann die „Pempelforter Promenade“, d. h. der „Alte Hofgarten“ von 1769 mit dem „Runden Weiher“(Jröne Jong).

Zur Vorderseite gab es  den „Neuen Hofgarten“ von 1804 mit dem Mühlenweiher „Landskrone“.

Die Straße war also von zwei Parkanlagen und zwei Seen umrahmt. Schöner ging  es nicht.

In dieser Straße wohnten: der Hofmarschall des Prinzen Friedrich: Carl von Pritzelwitz, der sein Haus an den Bankier Christian Gottfried Trinkaus verkaufte, der Malerfürst Wilhelm von Schadow, der hier auch starb, der Fabrikant Franz Haniel, der mit seinem genialen Ingenieur Heinrich Lueg ganz Oberkassel aus dem Boden stampfte, Friedrich Wilhelm Brewer, der Bergwerkbesitzer, der auch das Gut der Jacobis gekauft hatte und damit die Lotterie der darob empörten Maler auslöste, die mit dem Lotteriegewinn den Jacobibesitz zurückkauften und so den Malkasten schufen.

Verfolgen wir noch einige Biographien genauer:

Trinkaus war als Sohn eines Haushofmeisters Ende des 18.Jh durch Heirat an das Erbe der damals wichtigsten Kaufleute Jaeger/ Pfeifer gekommen. Er schuf damit die erste wichtige Düsseldorfer Bank. Er war Vizepräsident der Handelskammer, die die Dampfschiffahrt und die erste Eisenbahn  ermöglichte. Als Besitzer von Schloss Elbroich gründete die Familie mit den eingeheirateten Heyes später im angrenzenden Gelände die „Industriegesellschaft Reisholz“ IDR und damit den größten Düsseldorfer Industriekomplex.

Der Kohlenhändler Haniel aus Ruhrort und sein Ingenieur Lueg haben nicht nur das Ruhrgebiet mit den ersten Tiefschächten revolutioniert. Die Haniel-Lueg Dynastie hat auch Düsseldorf entscheidend geprägt. Ihre  Lokomotivfabrik Hohenzollern entwickelte den Standort Grafenberg bis in unsere Tage. Die erste Brücke (Oberkasseler Brücke) geht auf sie zurück und damit der ganze Stadtteil Oberkassel. Sie haben die beiden großen Ausstellungen von 1880 und 1902 organisiert und damit die Stadtteile Zoo und Golzheim geschaffen.

Alle diese Leute wohnten in der Hofgartenstrasse.
Sie wird nur noch ein Fußweg im Hofgarten sein. Schade, die alte Hofgartenstrasse ist für immer dahin.

Zum Weiterlesen.
Else Rümmler, Erinnerungen von Düsseldorf und der Umgebung (Album von Caspar Scheuren), Berlin 1975.

"Lena in der ARENA" von Dieter Jaeger

Als 1925 die erste Arena, das „Rheinstadion“, gebaut wurde, waren gerade die Franzosen verjagt worden.  Hindenburg weihte das Stadion ein mit Bezug auf  „1000 Jahre Heiliges Römisches Reich deutscher Nation“. Der unselige Begriff „Tausendjähriges Reich“ waberte in den Köpfen. Die Ärzte feierten den Begriff ein Jahr später mit der größten Düsseldorf Show, der Ausstellung „GESOLEI“.

Die Stadt hatte schon 1902, lange vor der Eingemeindung, die Stockumer Höfe gekauft. Sie standen eh in enger Beziehung zu Düsseldorf durch ihren ersten Besitzer Arnold von Tyvern, der ja  einst vor den Grafen von Berg auch die Altstadt besaß. Das Rheinstadion(Sportarena und Schwimmstadion) wurde zwischen  Stockumer Höfe und  Fährstelle „Staad“ gesetzt.

1915, also vor dem Bau des Stadions, hatte Karl Wach (von ihm stammt das wunderschöne alte Arbeitsamt Roeberstraße) an der Schnellenburg die „Neue Kunstakademie“ geschaffen. Sie ist das Hauptstück unseres jetzigen Aquazoos, sie war auch der Kern der Naziausstellung 1937 „Schaffendes Volk“.

Aus der Ausstellung wird der „Nordpark“ mit grandioser Sichtachse von der Schnellenburg zum Schlageter-Kultdenkmal (heute Nornen am Nordfriedhof).

Das ist nun alles Geschichte. Es gibt kein Stockum mehr. Alle sechs Höfe (Buscher-, Göres- Holtes- Convent- Pütz-und Brinkmannshof) und ihre Straße „Stockumer Höfe“ sind verschwunden. Die Straße verlief vom Rittersitz Lohausen zur Treidelstation Schnellenburg. (Die heutige Straße „Stockumer Höfe“ ist Unsinn). Der Buscherhof lebt weiter in Beckbuschstr, der Holteshof war der wichtigste (statt Stockum sagte man auch Holthausen, dann Kirchholtes, dann Holteshof). Es ist der heutige Europaplatz im Messegewühl. Vom Conventshof mit der berühmten mittelalterlichen Kapelle ging (bis heute) die  Stockumer Kirchstraße ab.

Einige vornehme Wohnsiedlungen stammen aus der Zeit der 37- er Ausstellung: Dichterviertel, Blumenviertel, Märtyrerviertel (Leo Statz statt der Afrikakämpfer Lüderitz oder Peters, die die Nazis liebten). Aus dem Weiler Vogelsang wird das Vogelviertel (Amsel, Star und Meise) neben dem Flughafen, sie sind ja unsere ersten Flieger.

Das Rheinstadion war unser aller Traum, die ersten Liebesgeschichten, die schönsten aller Frauen auf den berühmten steinernen Stufen

1974 wird es von Tamms  umgebaut zur Fußballweltmeisterschaft, zum Leichtathletik- Weltcup 1977.

Deutschland-Jugoslawien 2:0, Deutschland-Schweden 4:2, 1988 Europameisterschaft: Deutschland-Italien 1:1

Auch die Messe mit den bombastischen Parkplätzen hatte man 1971 hierher geholt.

OB Erwin träumte 2001 in dieser Tradition von einer großen Arena weiter zur Fußballweltmeisterschaft 2006 und zur Olympiade 2012. Es kam anders,  und  für den großen Circus fehlten allerdings auch  die Artisten.

Immerhin 2004: Die  Einweihung der neuen Arena durch Fortuna- Berlin 2:0, 2008 Fortuna-Werder Bremen: Sieg für den Einzug in die 2.Liga

Am Anfang hieß sie LTU, weil der Sponsor (Lufttransportunion) ein Düsseldorfer war,

2009 heißt sie Esprit, weil aus dem Hippiepärchen Susie und Douglas Tomkins, die 1968 in San Franzisko selbst genähte Kleider verkauften, der Weltkonzern und Sponsor Esprit wird, der seine Hauptsitze in Hongkong, Bermuda und Ratingen hat.

Heute heißt sie einfach ARENA.

Bon Jovi, Madonna, die Rolling Stones sangen hier.

Und wenn Lena singt direkt neben dem Staad, tauchen sie vor meinem Auge  wieder auf: die uralten Prozessionen, die am Staad übersetzten von Mönchenwerth und Neuss auf dem Weg nach Kaiserswerth, an den sechs Stockumer Höfen vorbei.

Es waren andere Gesänge, gewiss, aber es war Musik: die große Kraft, die Menschen verbinden kann.

Zum Weiterlesen:
G. Fischer, Lohausen und Stockum, Düsseldorf 1989.






Glossendienstag

Nachdem es nun aufgrund von Urlaub der Webadministratorin länger keine Glosse von Dieter Jaeger gegeben hat, werden heute gleich zwei neue Glossen online gestellt.
Passend zum in Düsseldorf ausgetragenen ESC verfasste Dieter Jaeger eine Glosse über den Düsseldorfer Austragungsort.
Außerdem präsentieren wir Ihnen eine Glosse über den "Köbogen" gestern und heute.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.

Ihre Geschichtswerkstatt Düsseldorf

Montag, 9. Mai 2011

Glossendienstag: Copacabana am Stresemannplatz (Dieter Jaeger)

Es war einmal eine sehr schöne Straße, die Visitenkarte von Düsseldorf, das billet d'éntree in die Stadt: die Rede ist von der Graf Adolf Straße, die 1890 eröffnet wurde. Sie führte vom neuen Hauptbahnhof zur Königsallee: eine Zierde der aufstrebenden Industriestadt, die verrücktesten Cafes, die aufwendigsten Restaurants, die aufregendsten Nachtclubs, die Strasse der neun Kinematographen, aber auch die Strasse der modernsten Geschäfte, die stolz die Produkte der Stadt (z. B. Werkzeugmaschinen) ausstellten.

Das ist nun alles Geschichte. Peep shows, Beate Uhse, Billigketten, lärmender Verkehr. Sechs Straßen münden in den Stresemannplatz, unter anderen die Ackerstraße vom alten Flingern her (Ackerhecke), jetzt Karlstraße genannt: alle schrecklich, am schrecklichsten die Straße, die den Namen des frömmsten aller Düsseldorfer Maler trägt: Mintropstraße. Theodor Mintrop malte immer Heilige und Madonnen. Unheilig geht es in seiner Straße zu. Der Babystrich ist nicht weit.

Nun versucht man, die Zeit zurückzudrehen. Ein Anfang war schon gemacht worden: neue Verkehrsführung, neue Fahradwege, neue Haltestellen. Dann folgte der große Coup: Copacabana am Stresemannplatz, latin feeling, 67 Yuccapalmen, nachts in goldenes Licht getaucht.

Geben wir dem Platz eine Chance! Wenn man die Augen halb schließt, die kaputten Autoreifen vergisst: Verheißung zwischen Mintrop- und Charlottenstraße mitten im Sündenbabel von Düsseldorf.

1860 hieß es hier: „am Tunnel“. Die Eisenbahn fuhr auf der jetzigen Graf Adolf Straße auf vier Gleisen nach Wuppertal oder nach Berlin. Der Bahnhof lag am Graf Adolf Platz. Der Tunnel unter den Gleisen führte von der Bahn- zur Ellerstraße. Unten: hastende Arbeiter auf dem Weg zur Maloche in Oberbilk,  oben: fauchende Lokomotiven. Nebenan: rauchende Schlote von acht großen Fabriken zwischen Oststrasse und jetzigem Stresemannplatz.

Es kann nur besser werden.


Zum Weiterlesen:

Hans Seeling, Die belgischen Anfänge der Eisen-und Stahlindustrie in Düsseldorf zwischen 1850 und 1860,   DüsseldorfJb 49,1959.

Montag, 2. Mai 2011

"Glossendienstag" - Die Inselstraße: Das Standesamt in altem Glanz (Dieter Jaeger)

Das Standesamt, das eine Zeit lang in die Mühlenstraße ausquartiert worden war, ist wunderbar renoviert an den alten Ort zurückgekehrt.

Die Inselstraße, in bester Wohnlage am Hofgarten, hatte im 19. Jh. viele solcher Prachthäuser. Neben dem heutigen Standesamt stand um 1850 die Villa Nuova, berühmt für die rauschenden Ballnächte der Maler, die hier ihre Sommereinzugs- und Winterauszugsfeste feierten.

Hinter der Inselstraße liegt die Scheibenstraße. Sie war gefährlich: Das Militär hatte dort seine Schießscheiben. Einige Bürger fürchteten um ihr Leben.  Auf eine Klage des Kommerzienrats Schmitz hin,  der am Bein verletzt worden war, stellte die Garnison einen Hauptmann ab, der hinter dem Schießwall die Kugeln zählen musste, die hinüber flogen. Schließlich mussten wegen der vielen Prozesse die Schießstände 1876 in den Aaper Wald verlegt werden.

Ganz früher führte die Inselstraße zur Golzheimer Insel, auf der hoch aufgerichtet bis etwa 1630 der Galgen stand. Alles in allem: eine gefährliche Gegend.

„Trau Dich“, heißt heute einer der Hochzeitsslogans. Ist Heiraten gefährlich?  Wir halten es mit dem Dichterwort: “Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet.“ 


Zum Weiterlesen:
Friedrich Lau „Gemiedene Stätten bei Alt-Düsseldorf“
Düsseldorfer Jb 26, 1913/14

Wieder da - Dieter Jaegers Glossen

Dieter Jaegers beliebte Glossen werden nun wieder auf dem Internetauftritt der Geschichtswerkstatt Düsseldorf zu finden sein.
Jeden Dienstag wird die Geschichtswerkstatt eine Glosse veröffentlichen - sowohl im Weblog, als auch als PDF unter www.geschichtswerkstatt-duesseldorf.de - schauen Sie doch mal 'rein!

Und so heißt es am heutigen Dienstag, den 3. Mai 2011: Es ist "Glosssendienstag" und ganz im Sinne des royalen Hochzeitsfiebers geht es um das Düsseldorfer Standesamt.

Viel Spaß wünscht Ihre Geschichtswerkstatt Düsseldorf