Dienstag, 14. Juni 2011

"Vom Bollwerk zum Boulevard - Urmauer ausgebuddelt" von Dieter Jaeger

Vom Bollwerk zum Boulevard - Urmauer ausgebuddelt
 

Bei Kanalarbeiten in der Ursulinengasse wurde neulich die erste Stadtmauer von 1288 entdeckt. Um 1400 abgerissen und zugeschüttet, hat sie seitdem kein Mensch gesehen.

Eine kleine Sensation, man hatte sie schon für eine Mär gehalten. Nein, keine Hammei, keine Hecke, kein Wall, unsere Stadt besaß von Anfang an eine Mauer aus Basalt und Ziegel, 80 cm breit, vielleicht 5m hoch, in den „Eder“, eine kleine Rheinbucht nördlich der Ritterstraße, hineingebaut. Es roch faulig in der Baugrube.

2007 zerbröselte die zweite Mauer von 1394, die im Zuge der Gasse „Ratinger Mauer“ gefunden wurde, zu Staub. Bei U-Bahn Bauten unter dem Breidenbacher Hof (2006-09) war man umsichtiger. Die Reste, die schon zum Festungsbau gehören, sind im Untergeschoß des Hotels zu besichtigen.

Bei den Arbeiten zum Köbogen wurden 2009/10 /11 Teile der Mauer von 1734 entdeckt(man kennt das genaue Datum wegen eines berühmten Bildes aus diesem Jahr).

Vorbei die Zeiten, als wir am Rathausufer in den Keller des alten Internet Cafes „Garden“ kletterten, um die Mauer von 1394 zu berühren. Es war eine elende Rumpelkammer, nur Düsseldorf Freaks bekannt. Demnächst werden wir alle drei Mauern im Heine U-Bahnhof besichtigen können. Original werden allerdings nur der „Garden“ Keller und das Untergeschoss vom Breidenbacher Hof bleiben.


Die Reste  bei der „Ratinger Mauer“ und jetzt Mauerreste beim Köbogen?

Wie das? War die Stadtmauer 150 m breit? Genau so ist es. Allerdings war es nicht eine einzige Mauer von dieser Dicke, sondern eine Vielzahl von hintereinander geschachtelten Bauwerken und Gräben: das Mauersystem einer Festung. 

Mit der Erfindung der Artillerie um 1450 wird aus dem „Rüstmeister“ der „geniale“ „Ingenieur“, der die runde Stadtmauer zur eckigen Festungsmauer umwandelt.

Düsseldorf hatte 12 „Bastionen“, auf denen die Kanonen standen. Vor jeder Bastion stand, durch einen nassen Graben getrennt, die  „Contergarde“. Die Mauer zwischen zwei Bastionen: die „Kurtine“ war durch einen vorgelagerten  „Ravelin“ geschützt, vor dem wiederum eine „Contergarde“ stand.

Die jetzt gefundenen „Bollwerke“, aus denen die Franzosen den „Boulevard“ Napoleon machen (Heine Allee), liegen im Zuge der Elberfelderstraße. Sie führte genau zur Mitte der Kurtine, also zum Flinger Stadttor (Mc Donalds, Ecke Bolkerstr/Heine Allee). Ein Tor musste immer in der Mitte einer Kurtine liegen.

Der interessanteste Fund weist steinerne Rundbögen auf: Es war die Brücke, die durch den nassen Graben vom Flinger Ravelin zur Flinger Contergarde führte. 

Die Düsseldorfer nahmen das ganze Mauergedöns und Kriegsgetöse mit rheinischer Gelassenheit. Trotz strenger Verbote entstanden immer wieder Gärten und Gartenhäuschen auf dem Mauervorfeld.

Als die Mauer 1801 fiel, schuf der Oberbürgermeister Schnabel auf den Trümmern einen geräumigen „Lustgarten“ mit „Lustpartien“ und „Lusthäusern“. Später nannte man den Ort „Königsallee“.
 

Zum Weiterlesen:
Edmund Spohr, Düsseldorf, Stadt und Festung, Düsseldorf 1978.


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