"Rocks, Woods,
and Streams, and Vales, and Heathy Plains"
Diese Verse begeisterten sogar
Goethe. Oberst Edmund Baron von Harold
hatte die sagenhaften "Gesänge Ossians" übersetzt, Gedichte eines
irischen Barden aus alter Zeit. Als er 1806 in Düsseldorf starb, gab es die
Haroldstraße noch nicht. Seine Häuser lagen in der Benratherstraße. Er hat sie
also nicht gegründet, genauso wie die Gesänge, eher fake! Egal, die
Haroldstraße ist geschichtlich eine der interessantesten Straßen.
1.Haroldstraße
Sie entstand 1831
unter der Regie des Gartenbauarchitekten Maximilian Weyhe zunächst zwischen
Schwanenspiegel und Berger Allee mit späteren Erweiterungen,
Details s. de.wikipedia.org/wiki/Haroldstraße
1976 wird der jüngste Teil abgerissen. Die "Haroldbucht" entsteht. Und in dieser Bucht (Haroldstr.5) werden zwei Türme gebaut: das neue Finanzministerium und die neue NRWBANK. Das "Politische Viertel" von Düsseldorf nimmt Formen an.
2. Hauptstadt
Düsseldorf wird 1946 eher zufällig zur Hauptstadt des neuen Landes NRW. Man war nicht vorbereitet, hatte keine Gebäude dafür. Dann erinnert man sich an die Residenzstadt seit dem 14. Jht, an Jan Wellems Neustadt, an die Hauptstadt des "Grand Duche de Berg", an die Landstände, mit denen sich die Herrscher vor allem seit Wilhelm dem Reichen im 16.Jht herumschlagen mussten, an die Provinzialstände, die aus den Landständen erwachsen, an das Landeshaus als Erweiterung der Stände und Sitz des Landeshauptmannes, an den Regierungsbezirk Düsseldorf und sein Regierungspräsidium, an das Ständehaus, das ja ein Vorgänger des Landtags ist.
Schon einmal hatten die Düsseldorfer sich erinnert und beschwert, als die Preußen sie wegen ihrer Franzosen-Hörigkeit bestraften, als sie ihnen 1815 alles wegnahmen: keine höheren Justizbehörden mehr, vor allem keine Hauptstadt mehr. Es gab die "Provinz Niederrhein" mit Koblenz, die Provinz Cleve/Berg mit Köln, 1821 entstand daraus die "Rheinprovinz" mit Koblenz.
Düsseldorf war nur noch ein Regierungsbezirk. Der Regierungspräsident residiert in der "Residenz" Mühlenstr, arbeitet im Stadthaus (Jesuitenkloster) gegenüber. Es gab noch ein Salz-Amt, die Münze und das Landratsamt (Landkreis Düsseldorf), aber das waren Peanuts.
3. Die Provinzialstände
Man war froh, als Preußen1824 Düsseldorf zum Ort der Provinzialstände der Rheinprovinz bestimmte. Aus diesen Ständen wird später die NRW-Hauptstadt wachsen. Die Stände (Ritter, Städter, Grundbesitzer) tagten in der Kanzlei am Markt, ab 1843 in der Residenz des Regierungspräsidenten in der Mühlenstraße, ab 1851 im Schloss.
Die Zahl der Gutsbesitzer fiel später, die der OBs und Industriellen (Kommerzienräte) stieg, Lehrer und Arbeiter waren nicht vertreten. Nach dem Brand 1872 tagte man 10 Jahre lang in der Aula der Realschule Klosterstraße (Wiege der Humboldt- und Scholl-Gymnasien) bis zum Beginn 1881 im neuen Haus am Lohpohl.
Die vielen sozialen und medizinischen Belange des Hauses schufen die "Provinzialanstalten", deren Verwaltung der "Landeshauptmann" in einem eigenen Haus betrieb: dem "Landeshaus".
4. Das Ständehaus
Das prächtige Ständehaus von 1881 wirkt wie ein italienischer Palast und zeigt, wie sehr es den Düsseldorfern am Herzen lag. Der Architekt Julius Raschdorff (Berliner Dom, Wallraf Richartz Museum Köln, Burg Cochem) hatte auch 1881 am Wettbewerb mitgewirkt für die "Kunsthalle", Düsseldorfs erstes Kunstgebäude. Raschdorff setzt das Ständehaus in den südlichen Teil der Parkanlage an der Krautstraße, die Weyhe 1819 geschaffen hatte aus dem Cameral-Weiher (auch Schwanenspiegel genannt) und dem Cameral-Steinacker.
Weyhe benutzte die Mauer der Contergarde Paul (südlichster Festungsteil) als Landbrücke, um den Weiher in zwei Teile: Kaiserteich und Schwanenspiegel zu zwingen. Daher auch die schräge Turmstraße von der Kö bis zum Weiher. Die Düssel, vom Mühlenweiher "Lohpohl" kommend, mündete an dieser Landbrücke in den Weiher und floss dann an der Wasserstraße entlang um die beiden Teile herum. Krautstraße (heute Reichsstr), Lohstr (heute Kronprinzenstr) und Burgstr (heute Florastr) verweisen auf die Krautmühle und die Wasserburg: zwei Häuser und der Mühlenweiher an der Düssel. Weyhe trennt erneut die Wassermassen durch die Haroldstraße in Schwanenspiegel und Speeschen Graben. Das Tor dazwischen nennt er „Karltor“. 1843 wird das "Wasserloch" an der Südstraße zum "Schwanenmarkt" zugeschüttet.
5. Das Ständehaus wird zum Landtag
Als die Briten 1946 Düsseldorf zur Hauptstadt von NRW machten, war das den Düsseldorfern zunächst egal. Sie hatten andere Sorgen. Der Landtag tagte im Opernhaus, dann im Theatersaal der Henkelwerke, 1949 schließlich im Ständehaus.
Klagen über die Enge und das Alter des Hauses: 1960 will man für einen Umbau in die Kunstakademie Stockum ziehen, die es ja nach Nutzung 1937 durch die Nazis immer noch gab. Die Engländer würden das Haus räumen, in dem ein Warenhaus für englische Soldaten saß.
1978 endlich der Befreiungsschlag: Edmund Spohr, Architekt und Ikone der Geschichtsschreibung Düsseldorfs, schlägt einen Neubau vor: im Hafenbecken des Berger Hafens. Die Abgeordneten verlangen den Abbruch der Hochstraße und den Rheinufertunnel.
6. Das Regierungsviertel
Das politische Viertel Düsseldorfs formiert sich. Es ist das Gebiet, das Jan Wellem 1700 "Neustadt" nannte. Er wollte mit dem "Fürstenwall" eine Südgrenze, die den Rheinbogen abschloss: "Düsselstadt sei der Name" (nach Rapparini, Opernkomponist am Düsseldorfer Hof).
300 Jahre später kommt die "Neustadt" zu neuen Ehren. Die damalige Hauptachse: die Neusser Straße ist heute eine Art Museum. Nur das Geldernhaus Nr.27 und der Palast des Barons Fried Nr.25 zeugen noch aus dieser Zeit. Gegenüber wollte Jan Wellem sein neues großartiges Schloss bauen. Die Stelle ist immer freigehalten worden, die Husarenkaserne kommt 1822 dahin, dann1929 und 1939 das Polizeipräsidium und die Oberfinanzdirektion.
Das Regierungsviertel verschiebt sich zum Rhein und zur Haroldstraße. Harald Deilmann setzt mit dem Rheinturm („Fernsehturm“) ein Ausrufezeichen auf das Regierungsviertel.
Mit der Kniebrücke (1960) wurde der Durchgangsverkehr im Regierungsviertel gestoppt. Die neuesten Pläne (2021) wollen das Auto aus der westlichen Haroldstraße ganz vertreiben.
7. Neuere Geschichte
Huschberger hatte die geniale Idee, die Endläufe der beiden Düsselmündungen zum Rhein hin zu einem Ring zu verbinden. Wir nennen das heute "Blaugrüner Ring". Mit der Nord-Düssel gelang ihm das halbwegs, mit der Süd-Düssel nicht. Das wird jetzt nachgeholt. Es lag an der größeren Wassermenge der südlichen Düssel, die durch Rheinhochwasser noch gefährlicher wurde.
Jan Wellems Neustadt ging bis zum Fürstenwall, unbewacht, ohne Stadtmauer. Erst 1730 umwallt man die zwei einzigen Häuser außerhalb der Stadtmauer: Kaserne und Hospital. 1785 wird daraus die Karlstadt. Schon 1822 wagen sich dann die Soldaten mit ihrer Kavalleriekaserne in das versumpfte Gebiet, eine Vorhut saß seit 1730 im Geldernhaus an der Neusserstraße 25. Der Soldatenfriedhof lag nordöstlich der Kaserne.
An der Wasserstraße: Durch ein kleines Tor, das "Carlstädter Tor" (Bilker-/Südstr) kamen die Soldaten vor dem Mauerfall 1801 in die Hauptkaserne; aber nur, nachdem sie über die "Kasernenbrücke" (heute Siegfried-Klein-Straße) geklettert waren. Überall Wassermassen. Erst Weyhe wird 1835 das Wasser in die drei Teiche zwingen.
Die Eisenbahn konnte 1838 nur hier im unbesiedelten Sumpf mit ihrem Bahnhof so nah an die Stadt kommen. Sie errichtet den ersten Bahndamm entlang der Haroldstraße und fährt bis 1890 über die Hammer Brücke nach Neuss. Die Post folgt zum Bahnhof und langsam wird das Viertel hoffähig. Die Nazis machen die Haroldstraße zu ihrer Hauptstraße, von hier aus starten die Lastwagen mit johlenden SA Leuten zu ihren Straßenschlachten.
Eine alte Geschichte aus dem letzten Krieg
Meine alte Freundin Ernie erzählte mir eine Geschichte, die im Frühjahr 1945 passierte am Ort des heutigen Parlaments, im Berger Hafen.
Sie ist nun schon lange tot. Ich gehe manchmal in den Innenhof der Neusserstraße 27. Nebenan wohnte Joseph Jacob van Geldern (Juspa genannt), Bankier und Heinrich Heines Ur-Urgroßvater. Ich berühre die immer noch vorhandene Benzinpumpe. Damals konnte man hier zur Moselstraße durchfahren, die Reisdorfs hatten eine Tankstelle.
"Auf einmal hieß es, im Hafen gäbe es was zu essen. Wir sind mit der Badewanne rüber, um 3 Uhr nachts, unter Lebensgefahr, auf das Schiff und ganz schnell zurück in unseren Keller. Da haben wir uns ein bisschen Freud gemacht".
Autor: Dieter Jaeger | Redaktion: Bruno Reble | © www.geschichtswerkstatt-duesseldorf.de