Mittwoch, 28. Oktober 2020

Harte Zeiten für „Gaukler, Lotterbuben und Rauchtrinker“ - die Obrigkeit greift durch

Gleich zu Beginn eine Anmerkung gegen alle Missverständnisse: Der Verfasser mag sie nicht, diese uneinsichtigen Ignoranten, die sich - in Zeiten wie diesen - um keine Regeln scheren und mit ihrem Leichtsinn die Krise verschärfen. Diese Abneigung gilt auch für die Fraktion der Raucher.

Es gibt gleichwohl einige Kuriositäten bei den Corona-Vorschriften, wo man meint, Prinz Karneval oder der Hoppeditz hätten den Text verfasst.

So liest man in der Rheinischen Post vom 19.10.2020, dass laut Presseamt „strenggenommen die Maske auch beim Radfahren getragen werden muss … beim Essen zum Abbeißen die Maske kurzzeitig heruntergezogen und beim Kauen wieder aufgezogen werden muss". Und wenig ersprießlich für die Raucher heißt es dann: "Die Maske darf beim Rauchen nicht abgesetzt werden".

Da denken wir zurück an alte Zeiten

Jan Wellem hielt Leute, "die spielen, saufen, tabaccieren … für Plackscheißer und Packesel". Für andere waren Leute, die rauchten "Indianer", "Kannibalen" oder "Rauchtrinker". Die Feuerwehr rückte an, weil man glaubte, dass sie innerlich verbrannten. 1815 verurteilte man jemand, der in der Straße ohne Pfeifendeckel geraucht hatte, zu hoher Geldstrafe.

Doch die „gute alte Zeit“ war nicht gut. Nehmen wir als Beispiel die Jugend, die Wirte, die Polizisten und die Priester.

Die Jugend

Sie geriet ins Visier der Obrigkeit, weil sie Kutschpferde derart traktierte, dass Kutschen zu Fall kamen. Die Übertäter wurden arrestiert, vor dem Rathaus mit Prügel bestraft, bei Wasser und Brot gesetzt und (interessant) "nicht weniger die Eltern derselben, das erste Mal mit Geld und Gefängnis, das zweite Mal ebenermaßen mit Prügel belegt".(2)

Ein Vorbild sollten sein die Schüler des Monheim‘schen Gymnasiums, die nicht nur dem "Vortrag der Lehrer mit gespanntem Ohr folgen sollten", sondern auch "keine musikalischen Instrumente berühren durften, keiner Jagd, Vogelfang, Fischerei nachgehen und (um Gottes Willen) nicht im Fluss oder Weiher baden durften … sie sollten Gärten, Äcker, Wiesen nicht betreten, Mauern und Türme nicht besteigen, keinem Spiel frönen, nicht herumschweifen, sondern zu Hause bleiben". Um 5 Uhr wurde aufgestanden, "das Haar sollen sie morgens außerhalb des Schlafzimmers kämmen, Hände, Augen, Zähne mit kaltem Wasser vom Schmutz waschen“ und sie sollen „nicht unziemlich laufen, sondern ehrbar einherschreiten".(1)

Die Wirte

Auch sie hatten es schwer beim Kontrollieren der Lustbarkeiten: Tanzmusik ja, "aber bei der Polizei Tanzmusikscheine lösen … alle Besucher aufschreiben … Tumulte auflösen … keine gesunden Bettler reinlassen, auch keine Landsknechte, Müßiggänger, Düppenträger, Krämer, Schornsteinfeger, Gaukler, Lotterbuben, Possenmacher … am Ende der Predigt in der Nähe der Kirche kein Gelage zulassen".(1)

Die Polizei

Sie allein war zu schwach. Der erste der Sergeanten war ein "gemächlicher träger Mann", der zweite "eben nicht gewandt und rege", der dritte "alt und verschlissen", der vierte "weil er weder lesen noch schreiben konnte, ein unbrauchbares Subjekt".(3)
Ein besonderes Problem für die Polizei war die Straßenreinigung: "Ferkelställe und heimliche Gemächer sollen versteckt sein, damit der Nachbar nit verstänke". Es galt "kein Nachtgeschirr auf die Gassen auszuschütten, wodurch der Kot dann leicht durch passierende Gefährt oder sonstiger Umstände auseinander getreten wird und damit die Gasse in größte Unsauberung versetzt wird".(2)

Die Priester und das "schändliche Laster des Konkubinats"

Jedoch beim Laster wird nicht an die Priester gedacht, sondern nur an die verdächtigen Konkubinen, "die an den Leibern angehalten … an den Pranger zu stellen sind … eine Stunde dort stehen sollen, anderen zur Abscheu … auf 3 Meilen vom Priesterort verwiesen".(1)

Am schlimmsten geahndet wurde die Liebe

Am 27 Oktober 1714 liest man: "Am verwichenen Freitag wurden allhier Mann und Frau, jener weil er zwei Weiber, diese aber zwei Männer, zugleich gehabt, ausgegeißelt, gebrandmarkt und des Landes verwiesen."(1)

Aber immerhin hatte man ein Einsehen mit Hunden, denn 1782 erging ein

Verbot des "Totschlagens von Hunden an Hundstagen"

Damit sind wir wieder beim Hoppeditz und bei der Rheinischen Post.
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Autor: Dieter Jaeger  Redaktion: Bruno Reble  © Geschichtswerkstatt Düsseldorf 2020
Quellen:
(1) Pädagogisches Institut der Stadt Düsseldorf, 9 Bände
(2) Polizeiordnung Jan Wellem
(3) Lau/Most - Stadtgeschichte

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