oder wie aus einem hässlichen Aschenputtel eine strahlende Prinzessin wird
Der Künstler Peter
Cornelius, ein „Hippie“, der in Rom in einer WG lebte, langhaarig und bleich
wie Jesus, bekommt in Düsseldorf ein großes Denkmal. Während der „Halbjude“
Schadow nur mit einer Büste bedacht wird, der „Volljude“ Bendemann nur mit
einer winzigen Straße.
Wenn der Martin-Luther-Platz
die "Neue Mitte" ist, dann ist der Corneliusplatz die "Alte
Mitte". Auf allen Postkarten sieht man ihn, er ist der "Potsdamer
Platz" von Düsseldorf, ein Gewusel an der Kreuzung Kö-Schadowstr, das
Gebäude „Nummer 1“: der Kaufhof, die beiden bekanntesten Brunnen, in der Mitte
grün-frisch gestrichen: die "schlanke Mathilde", die alte Uhr von 1902. Aber der Corneliusplatz ist ziemlich jung. Der
Schadowplatz ist älter und am Anfang war er nur ein Canal.
Nach dem Mauerfall
Huschberger baute die Kö zwar 7 Jahre vor der Heineallee, aber die Kö stand lange im Schatten des Boulevard Napoleon, “JWD“ (Janz Weit Draußen) vor der neuen Zollmauer. Keiner wollte dort wohnen. Die neue Zollmauer war der Canal, das Wasser, das die Leute nach dem Fall der Mauer 1801 zwar schützte, aber auch trennte vor denen da draußen, den Fremden.
Huschberger
wollte den Canal eigentlich um die ganze Stadt ziehen, mit der krummen
Landskrone (krummer Köbogen) ging es nach Norden weiter. Der Bogen war notwendig,
weil der Mühlenweiher ein Teil des alten Hofgartens geworden war, also „Heiliges
Land“.
Vagedes baut
1811 sein Ratinger Tor ursprünglich auf einer Brücke über den Canal, der in den
neuen Hafen münden sollte. Aber im Süden wurde es schwierig mit der
Kanalisierung um Düsseldorf herum. Die vornehmen Häuser entstehen alle auf der Heinrich-Heine-Allee:
Hotel Breidenbach, das Theater, die Oper, das Gymnasium, die Kunsthalle. Später
kann nur die Heine-Allee die Denkmalstraße werden.
Die Kö war Hinterhof
gerade gut
genug, als Bahnhofstraße zu dienen, als die Eisenbahn 1838 am Ende der Kö
beginnt. An der Canalstraße (so hieß die Kö zu Beginn) betrieb Franz
Schimmelbusch eine Eisengießerei (ungefähr an der Rückseite vom Breidenbacher
Hof).
Es ist
verständlich, dass man keinen Zugang zur Kö von der Heineallee wollte, auch
keinen Zugang von der Schadowstraße (sie endete am Kälbermarkt). Der Canal ging
brückenlos durch, von der Elberfelder- bis zur Benrather Straße. Häuserblöcke
versperrten die uralte Verbindung Flingerstr - Flinger Steinweg (Schadow),
allerdings auch zwischen Flingerstr und Heineallee. Man hatte die uralten Wege
längst vergessen.
So blieb nur
der Kälbermarkt, ein Viehmarkt draußen vor der Stadtmauer, als einzige
Verbindung.
Und etwas
weiter südlich gab es seit 1766 den Friedhof. Also sollte man dort wohnen? Am
Viehmarkt, am übel riechenden Canal, hinter zwei wackligen Holzbrücken an der
Eisengießerei?
Ein Lustgarten für den Polizei-Chef
Der im Verruf
stehende Polizei-Direktor Heinrich Schnabel, eröffnete 1806 auf dem verlassenen
Friedhof seinen "Lustgarten" (Eingang: heutige Steinstraße) Aber das
war erst der Anfang.
Das Bild
wandelte sich ganz allmählich. Der Jägerhof war seit 1820 mit Prinz Friedrich
von Preußen wieder bewohnt, eine Art neuer Jan Wellem. Der preußische König Friedrich
Wilhelm III besucht ihn. Die Umgebung wird veredelt. 1838 baut Schnitzler das
Friedrichsbad in der Goltsteinstraße, eine erste Sauna, die Loge sitzt in der
Wiese hinter dem Kälbermarkt.
Die
Elberfelder- wird zur feinen Gallerie- und Gastrostraße, die Hofgartenstr zur
vornehmsten Straße überhaupt. Der Flinger Steinweg wird 1851, noch zu Lebzeiten
des Malers, Schadowstraße genannt.
1864 stellen
die Düsseldorfer auf dem Kälbermarkt ein Schadowdenkmal auf. Der Markt heißt
jetzt Schadowplatz. Dann besinnt man sich auf den Vorgänger, den Düsseldorfer
Cornelius und gibt ihm ein noch größeres Denkmal. Das ist die Wende. Der Canal
wird zugeschüttet.
Der Corneliusplatz entsteht
Noch einmal den
Blick zurück: Wenn man vor 1800 die Stadt verlassen wollte, ging man zum neuen
Flinger Tor (heute: McDonald Bolker Stern), das seit 1645 das alte Flinger Tor (Ende
Flingerstr) ersetzt hatte. Über eine Brücke kam man in das Flinger Ravelin [ravəˈlɛ̃ː] Dieses
vorgelagerte Bauwerk, mitten im Wasser zum Schutz des Tores, ist das größte Bollwerk
überhaupt.
Über eine
Brücke (Wassergraben 30m, 7m tief) ging es zur Flinger Contergarde; von hier (ungefähr
Kaufhof Haupteingang, Corneliusplatz) auf verschlungenen Wegen ins Freie.
Dieser letzte Ausgang befand sich ungefähr am Ort der Uhr (etwas östlich
davon).
Von dort
konnte man den alten Flinger Steinweg durch den heute noch existierenden
Wurmfortsatz, der späteren Blumenstraße, betreten. Die kleine Blumengasse war
das Ziel aller Feld- und Gartenwege, die später unsere City ausmachen. Nur hier
ging es hinein in die Stadt, wenn man von Osten kam, die anderen Eingänge
(Ratingerstraße und Bergerallee) lagen weit weg. Goethe, Heines Eltern, der
Weltreisende Georg Forster, zusammen mit Alexander von Humboldt, sie alle mögen
diesen Weg gegangen sein. Wer von Osten kam, musste durch dieses Tor.
Wenn 1806 (5
Jahre nach dem Mauerfall) Joachim Murat, Chef von Düsseldorf in der
Franzosenzeit, in 20 Minuten nach Schloss Benrath ritt, dann ging das vom
Benrather Tor (auf dem Canal) im Galopp durch wildes siedlungsfreies Land bis
zum Lokal Schnapp an der Kölner Straße in Oberbilk. Und dann war er schon fast
da.
Huschberger
machte aus den Trümmern des Flinger Ravelins die Elberfelder Straße, die
geradewegs vom Flinger Tor kam und zum schon früher existierenden Kälbermarkt
führte, eine nördlich Abzweigung. Der alte Umgehungsweg der Festung, wird zur
Hofgarten- Kaiserstraße. Auf die Elberfelder-, genau auf die Spitze des
zerstörten Ravelins, setzte Vagedes den Napoleon Triumphbogen 1811. Später wird
genau hier der Triumphbogen für Kaiser Wilhelm II gesetzt. Erst 1811, nach dem
Besuch Napoleons, baut Vagedes die Heineallee und das berühmte Ratinger Tor.
Warum fing Huschberger mit der Kö an und nicht mit der Heine-Allee?
Kaspar Anton Huschberger,
der erfahrene Baumeister, der schon beim Bau der Karlstadt mitgeholfen hatte,
musste 1801 nach der Demolierung der Stadtmauer durch die Franzosen zunächst
die Wasserversorgung klären. Er schuf einen Canal, der ungefähr an der Stelle
des Umgehungsweges der Festung vom neuen Hafen (Roeberstr / 1811
fertiggestellt) über Kaiser- /Hofgartenstr / Kö / Haroldstr bis zum Rhein führen
sollte (an Stelle des heutigen Apollo). Dieser Canal war die neue Stadtmauer
mit Zollgrenze und Wachhäusern auf den beiden Canalbrücken (Elberfelder- und
Benrather Straße).
Huschberger
gab damit der Stadt Düsseldorf eine neue Bedeutung: Sie war nun von der Düssel
eingekreist, eine wirkliche "Düsselstadt".
Es gab noch
einen zweiten Grund: die Kurtine, also der Stadtwall, die eigentliche Mauer
zwischen den Bastionen (heute Heineallee) war stehen geblieben. Die Düsseldorfer
wollten eine Promenade hoch oben errichten. Außerdem wollte man bei Hochwasser
auf diesen hohen Wall flüchten. Huschberger bewies, dass das natürliche Niveau
auf der Heineallee um einiges höher lag als der Wasserstand der schlimmsten
Rheinkatastrophe. Er wollte auch das Runtergucken ins Elend der Neustraße
vermeiden.
Der dritte
Grund: Herr Beuth, Hofkammerrat, saß mittlerweile auf der "Beuthschen
Bastion", mitten auf der neuen Breitestraße, die seinetwegen nicht weiter
nach Norden gezogen werden konnte. Das Wilhelm-Marx-Haus, eine Art neuer
Sperrblock a la Beuth, erinnert uns daran: die Heine-Allee endet hier.
Wo es 1879 angefangen hat
Mit dem Cornelius-Denkmal
geht alles los. Man setzte es zwischen Hofgarten- und Elberfelder Straße. Es
stand später mitten vor Steigenbergers Parkhotel (1902). Die Nazis schoben es
1937 in den Wald, um Platz für ihre Aufmärsche zu bekommen. Heute kann man es
wieder von allen Seiten bewundern.
Der Düsseldorfer
Peter Cornelius, in der Kurze Straße geboren, ist einer der berühmtesten Maler
seiner Zeit und leitet von 1822-26 als erster Direktor die neu erstandene
Kunstakademie. Er war ein frommer Lukasjünger. Daher ist bei seinem Denkmal die
Figur der Religion verhüllt, mit Bibel und Kreuz, aber gleich daneben ein
schönes Nackedei, das die Poesie darstellt.
Der
Verschönerungsverein machte aus dem zugeschütteten Canal unseren
Corneliusplatz. Jetzt werden alle alten Zugänge wieder geöffnet: Bazarstr
(heute Körner-) zur Heineallee, Schadowstraße zum alten Flinger Steinweg.
Leo Mösch
schuf 1882 den Schalenbrunnen auf dem noch leeren Corneliusplatz. 1902 zur
Eröffnung der großen Ausstellung schuf Fritz Coubillier den Tritonen-Brunnen. Triton,
Sohn des Meeresgottes Poseidon, tötet hier einen gigantischen Fisch. Die
lustigen Putten mildern das grausame Geschehen.
1909 schuf
Joseph Maria Olbrich den Kaufhof, der mit seiner Jugendstil-Fassade zum Denkmalschutz-Objekt
Nr.1 avancierte.
Peter
Cornelius, ein Jünger des frommen Lukasbundes, ein "Nazarener" mit
langen Jesushaaren, weilte, wie auch Schadow, im heiligen Rom. Aber - und das
macht ihn sympathisch - er war dem Irdischen nicht abhold. Von seiner Ehefrau,
einer feurigen Italienerin, sagte ein Zeitgenosse:
"Nie sah ich einen schöneren Oberleib."
Autor: Dieter
Jäger |
Redaktion: Bruno Reble | © www.geschichtswerkstatt-duesseldorf.de
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